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  Böhse onkelz
 
Die geschichte von den böhsen onkelz und meine musik wo ich höre
es sind paar geile lieder drine wo ich sau gerne höre

ein langer weg 

Wir hatten wilde Herzen und dachten aus dem Bauch,
unser Lehrer war das Leben, die Strasse das Zuhaus'.
Wir lebten nie mit Kompromissen, es gab 'nen langen Weg zu geh'n,
den Weg der Wahrheit, nicht jeder kann ihn seh'n.
...nicht jeder kann ihn geh'n!

Es war ein langer, langer Weg,
und niemand sagte, es wird leicht.
Wir hatten nichts zu verlier'n und kein Weg war uns zu weit.
Es war ein langer, langer Weg,
und niemand sagte, es wird leicht.
Wir hatten nichts zu verlier'n und wir waren nicht allein,
...nicht allein, nicht allein, nie allein.

Wer hat nicht schon von uns gehört, ob er wollte oder nicht?
...den Namen, der so viele stört, doch alle Herzen bricht.
Die Band, der Mythos, die Legende, was immer man erzählt,
der Gestank der Vergangenheit liegt mit auf unser'm Weg.
...auf unser'm Weg, auf unser'm Weg

Es war ein langer, langer Weg,
und niemand sagte, es wird leicht.
Wir hatten nichts zu verlier'n und kein Weg war uns zuweit.
Es war ein langer, langer, langer, langer Weg,
und es wird Zeit, dass man ihn geht.

 

 

 

Die Böhsen Onkelz sind:

Kevin Russel – Gesang

Kevin Russell ist das jüngste von drei Kindern, sein Vater ist Lufthansapilot englischer Abstammung, seine Mutter Hausfrau mit einem ausgebildeten Alkohol-Abhängigkeitssyndrom. Die Familie ist aus Hamburg zugezogen und zerbricht schnell unter der Alkoholkrankheit der Mutter und der beruflich bedingten Abwesenheit des Vaters. Kevin leidet bereits in frühen Kindesjahren unter Abweisungserlebnissen, und entwickelt schnell ein Isolationstrauma, was sich später in unreflektierten Gewaltausbrüchen und Autoaggression ausdrücken wird.

 

Stephan Weidner – Bass / Texte / Gesang

Stephan Weidner ist das dritte von 5 Kindern. Die Eltern leben getrennt. Der Vater, eine schillernde und wegen mehrfachen Autodiebstahls vorbestrafte Persönlichkeit im Frankfurter Rotlichtmilieu, verlässt die Familie nach der Geburt des fünften Kindes. Der älteste Bruder zieht aus, sobald er auf eigenen Füßen stehen kann, der zweite Bruder wird von der Jugendfürsorge in ein Heim gebracht. Die Mutter wohnt mit Stephan und seinen zwei jüngeren Schwestern in einer Sozialwohnung in einem Hochhaus am Frankfurter Berg und ist ganztags beschäftigt. Die Kinder bleiben weitgehend sich selbst überlassen. Stephan zieht mit 13 zu seinem Vater in ein Reihenhaus nach Hösbach. Er verbringt seine Jugendjahre unter der Obhut des Vaters und arbeitet in der Kneipe eines Bordells in Frankfurt. Er macht erste Kontakte mit Sex und Drogen und beginnt sich, als er 17 wird vom Vater abzunabeln.

 

Peter Schorowsky – Schlagzeug

Peter „Pe“ Schorowsky ist der zweitälteste von vier Brüdern. Seine Familie stammt aus Hösbach. Sein Vater ist Kühlanlagenmechaniker, seine Mutter Hausfrau. Der Familienhintergrund ist bieder-katholisch. Seine Kindheit verläuft unspektakulär und sein Aufwachsen wird von der dörflichen Umgebung geprägt.

 

Matthias "Gonzo" Röhr – Gitarre

Der Gitarrist der Frankfurter Punkband "Antikörper" heißt Matthias "Gonzo" Röhr, zu diesem Zeitpunkt 18 Jahre alt. Gonzo spielt seit 6 Jahren Gitarre und wird von den Böhsen Onkelz abgeworben. Bereits einen Monat später tritt er den Böhsen Onkelz bei und komplettiert das Line Up der Band. Matthias Röhr ist der älteste von vier Brüdern und die Familie Röhr wechselt häufig den Wohnort im Raum Frankfurt. Die Mutter ist Hausfrau, der Vater, der zunächst ein Lebensmittelgeschäft betreibt, übernimmt 1965 einen Kiosk in Frankfurt Bockenheim und 1974 eine Wirtschaft, wo später auch die Mutter ganztags arbeitet. Der Familienhintergrund der Röhrs ist bieder-katholisch-streng. Matthias Röhr beginnt bereits mit zwölf Jahren Gitarre zu spielen und orientiert sich in seiner Jugend an Blues- und Soulgitarristen, bis ihn der Punkrock erwischt und auch er ab 1980 in die Frankfurter Punkszene einsteigt. Sein Spitzname "Gonzo" geht auf seine glühende Verehrung für den amerikanischen Gitarristen Ted Nugent und dessen Live Album "Double life Gonzo" Ende der siebziger Jahre zurück. Bis er in die Frankfurter Punkszene einsteigt hat er zuvor in mindestens 5 anderen Bands gespielt.

 

Onkelz-Historie

 

1980

Die Böhsen Onkelz gründen sich im November 1980 in dem Keller eines Reihenhauses in Hösbach bei Aschaffenburg. Die Gründungsmitglieder sind Stephan Weidner damals 17 Jahre alt, Kevin Russell, damals 16 Jahre alt und Peter Schorowsky, damals 17 Jahre alt. Inspiriert durch Punkbands wie die Sex Pistols, The Ramones, The Clash, The Stranglers und Sham 69, erscheint es den drei Jugendlichen als eine logische Konsequenz, ebenfalls eine Punkband zu gründen. Den Namen geben ihnen mehrere Kinder, die im Winter 80/81 die grünbehaarten Jugendlichen im ländlichen Hösbach als "böse Onkels" bezeichnen. Der Name bleibt hängen und sollte auch später nicht mehr geändert werden. Die Familienhintergründe sind bieder bis asozial.

 

Punk und der frühe Einfluß

Unter welchen Umständen die Böhsen Onkelz in die Frankfurter Punkbewegung eingestiegen sind.

Bedingt durch die Begrenztheit des Ortes Hösbach, lernen sich Stephan, Peter und Kevin 1978/79 kennen und werden unzertrennliche Freunde. Der Punkrock setzt sich in der Gedankenwelt der drei Jugendlichen fest und bestimmt fortan ihr Handeln. Zum Zeitpunkt der Bandgründung im November 1980 besitzen sie einen alten Bass, einen antiken Röhrenverstärker, zwei Dashtrommeln, ein Tischmicro und ein Plektron. Die Band beginnt ihre ersten Songs zu schreiben, die nicht viel mehr sind, als atonale Gröhlereien.  Zu dieser Zeit, als die Böhsen Onkelz sich an der Grenze zur Volljährigkeit befinden, beginnen sie damit, sich von der Enge Hösbachs zu lösen und an den Wochenenden nach Frankfurt zu fahren. Stephan, dem bereits 1979 ein "Schulverbot" für alle Schulen in Hessen ausgesprochen wurde, und der während der Woche in der "Kneipe" seines Vaters gearbeitet hat, löst sich von der autoritären und dominanten Vaterperson und versucht ohne Schulabschluß in der Frankfurter Punkszene auf eigenen Füßen zu stehen. Peter Schorowsky beendet die Hauptschule in Hösbach und beginnt eine Lehre als Schweißer, während Kevin Russell sich mehr schlecht als recht um seinen Hauptschulabschluß bemüht. Alle drei übernachten, zusammen mit Stephans Schwestern und Stephans Mutter während der Wochenenden in Frankfurt in der Sozialwohnung am Frankfurter Berg.

Böhse Onkelz in Ur-Formation, Hösbach 1980 v.l.n.r. Pe, Kevin, Stephan Foto: B.O. Archiv

1981

Türken raus

Wie kam es zur Entstehung des vieldiskutierten Skandalsongs

Entgegen vieler Behauptungen, die Böhsen Onkelz hätten ihren Skandalsong "Türken raus", der ihnen bis heute angelastet wird, als Skinheadband geschrieben, muß hier darauf hingewiesen werden, daß "Türken raus" einer der ersten Songs im Repertoire gewesen ist und auf die Zusammenstöße zwischen den Jugendlichen verschiedener Kulturen in den Frankfurter Vororten zurückzuführen ist. Daß die Böhsen Onkelz in den nächsten 5 Jahren eine ausländerfeindliche Haltung anehmen, ist dagegen unbestritten und soll hier nicht unerwähnt bleiben.

 

Die ersten Auftritte

Das Jugendzentrum Bockenheim als Wiege und Wohnzimmer der frühen Onkelz

1980 steigen die Böhsen Onkelz während vieler Wochenendfahrten nach Frankfurt in die dortige Punkszene ein und machen sich schnell einen Namen als asoziale, authentische Punkband. Zusätzlich muß erwähnt werden, daß gerade in Frankfurt, aufgrund der "Startbahn-West-Krawalle" und der blühenden Punkbewegung eine allgemein agressive Stimmung herrscht. Die "Hippies" und die "Alt 68er" gelten den Punks als Feindbild Nr.1. Diese Frankfurter Punkbewegung konzentriert ihre Aktivitäten auf mehrere Orte, die Hauptwache und den Goetheplatz in der Innenstadt, den Flohmarkt am Eisernen Steg, die "Batschkapp"(ein alternativer Veranstaltungsort, wo viele Punkkonzerte stattfinden) und das Jugendzentrum Bockenheim. 20.02.'81 erster dokumentierter Auftritt im Juz Bockenheim mit Incapables, Mutation und Kreppelkaffee. 08.05.'81 zweiter dokumentierter Auftritt im Juz Bockenheim mit Boopy Traps, Middle Class Fantasies und Antikörper. Von diesen beiden ersten Gigs gibt es leider kein Foto- oder Audiomaterial. Erwähnung finden die Böhsen Onkelz während dieses frühen Stadiums lediglich in lokalen Fanzines und Undergroundpublikationen.

Gonzo steigt bei den Onkelz ein und komplettiert das Line up. Zunächst spielt "Gonzo" bei den Böhsen Onkelz Bass, Stephan Weidner die Gitarre, Kevin Russell übernimmt den Gesang und Peter Schorowsky das Schlagzeug.

Noch mehr Punk

Die ersten richtigen Songs

Während der ersten zwei Jahre spielen die Böhsen Onkelz 4 Gigs im Juz Bockenheim. Ihr Repertoire beinhaltet neben "Türken raus" noch einige typische Punksongs, "Bullenschwein", "Hinein in das schäumende Bier", "Schöner Tag", "Deutsche Welle", "Bruno Baumann" und andere. Gonzo bringt als erster eine gewisse, rudimentäre Professionalität in die Band, in dem er die Songs durch sein Können erheblich aufwertet. Aus dem anfänglichen Gegröhle werden nun richtige Punksongs, die vom meist jungen Publikum auch so verstanden und aufgenommen werden. Der Punk, als solcher findet zwar in den einschlägigen Musikzeitschriften seine Erwähnung, aber der Focus der Berichterstattung liegt ausschließlich auf den "großen" und "bekannten" Bands, die zumeist aus England kommen. Gleichzeitig wird in Deutschland die "neue deutsche Welle" etabliert. Weniger aggressives Songmaterial mit deutschen Texten, das in seiner Beliebigkeit und seiner "Softheit" dem Punk das Wasser abgräbt. Während NDW-Bands wie Fehlfarben, DAF oder Ideal das Rampenlicht auf sich ziehen, haben es die authentischen Punkbands wie Slime, Abwärts, die Böhsen Onkelz oder ZK schwer. Ihre Popularität ist begrenzt und beschränkt sich auf ihren Herkunftsort. Die Fans rekrutieren sich ausschließlich aus der lokalen Punkszene. Nur mühsam erspielen sich diese Bands einen größeren Hörerkreis, der sich auf das gesamte Westdeutschland erstreckt. Hilfreich hierbei sind lokale "Fanzines", kleine, zusammengebastelte Heftchen, die die "Szene" mit all ihren Konzerten, Skandalen und Ausschreitungen beschreiben. Jede größere westdeutsche Stadt mit einer Punkbewegung, hat auch mindestens ein Fanzine. In Frankfurt gibt es zu Beginn der achtziger Jahre 3-4 verschiedene Fanzines, von denen "Primitiefes Leben" von Patrik Orth das bedeutendste ist. Die Böhsen Onkelz sind gegen 81/82 ein wesentlicher Bestandteil der Frankfurter Punkbewegung, ihre sporadischen Konzerte und Auftritte jedoch, finden ausschließlich in "Primitiefes Leben" Erwähnung.

Punk in Frankfurt

Die Politik mischt sich ein und die Medien helfen mit

Während bereits die "Rock'n'Roll"- Bewegung der fünfziger und die "Flower Power"- Bewegung der sechziger von der Presse per se als gefährlich, drogenverseucht, aufwieglerisch, anarchistisch und verurteilenswert dämonisiert wurde, ist es mit der Punkbewegung Ende der siebziger und anfang der achtziger Jahre nicht anders. Die Punkbewegung, von England kommend, wird in der Presse, als das "Schlimmste" bezeichnet, was der Jugend in Deutschland überhaupt passieren kann. Die politische Linke wittert eine Chance und beginnt massiv die Punkszene zu infiltieren. Althippies und Anarcho-Veteranen der siebziger Jahre beginnen in der deutschen Punkszene aktiv zu werden, nicht ohne Erfolg. Die Gesellschaft und die Musikindustrie vermarktet die Neue Deutsche Welle als die handzahme und weichgespülte Version des Punk in immer groteskeren Varianten. Während die Musikindustrie im Wochentakt ein neues One-Hit-Wonder unter dem Ettikett "Punk" auf die ahnungslose Hörerschaft loslässt, wenden sich bundesweit die hartgesottenen und kampferprobten Punks angewidert ab.

Punk wird lahm

Oi Musik aus England verspricht Rettung und die Onkelz zum ersten mal auf Vinyl

Die Böhsen Onkelz, in ihrer ganzen asozialen Anrüchigkeit und Authentizität schauen mit einem Auge auf den Haufen Scherben, den die zersplitterte Punkbewegung hinterlassen hat, mit dem anderen Auge nach England, wo sich ein neuer Trend abzeichnet. Wie immer gelangt auch diesmal eine neue Bewegung zeitversetzt nach Deutschland. Das Zauberwort heißt "Oi"! Zum Jahreswechsel 81/82 fahren die Böhsen Onkelz nach Berlin, um beim linken Label "Aggressive Rockproduktionen" von Karl Walterbach (heute "Noise"-Label) zwei Stücke für den "Soundtrack zum Untergang" Vol. II einzuspielen. Während dieser Aufnahmen, die mehr als chaotisch verlaufen, wechseln Gonzo und Stephan die Instrumente. Die endgültige Formation der Böhsen Onkelz steht und wird bis heute beibehalten. Ebenfalls sind auf dem "Soundtrack zum Untergang" Vol.II deutsche Underground Punkbands wie "Normahl", "Blitzkrieg", "Neurotic Arseholes", "Notdurft" und andere vertreten. Seit den späten neunziger Jahren, ist diese Compilation als CD wieder im Handel erhältlich. Obwohl man die Böhsen Onkelz auf dem Booklet nicht erwähnt, sind die beiden Songs "Hippies" und "Religion" immer noch auf dieser Veröffentlichung zu hören. Eine Lizenzabrechnung von Karl Walterbach hat es bis heute nicht gegeben.

Böhse Onkelz in Punkbesetzung, Frankfurt 1981 v.l.n.r. Gonzo, Pe, Stephan, Kevin Foto: Kid

 

1982

Oi wird härter

Der Trend aus England fasst in Deutschland Fuß, die Schlägereien häufen sich und Fußball wird wichtig

In England erfährt die Punkbewegung von Seiten der Medien die gleiche Ignoranz wie in Deutschland und viele Gruppen und Grüppchen, die als Punkbands angefangen haben, richten sich nun an der neuen Oi-Bewegung aus. Initiator ist die Band "Cockney Rejects", eine fußballgegeisterte unpolitische Milieu-Band aus der Londoner Arbeiterklasse, die es sich zum Markenzeichen macht, ihre Songs auf der Bühne mit einem hastigen "Oi, Oi, Oi" (Cockney Slang für "Hey") anzuzählen. "Oi" wird innerhalb kürzester Zeit ein Schlachtruf für eine ganze Generation von jugendlichen Working-Class-Kids, die kaum der Pubertät entwachsen, sich am Wochenende im Stadion mit gegnerischen Fans prügeln. Oi bedeutet zunächst, unpolitisch zu sein, schnellen Punk mit harten Texten zu singen, sich ein wenig "ordentlicher" als die Gossenpunks zu kleiden und vor nichts und niemandem zurückzuweichen. Neben den Cockney Rejects gibt es noch eine große Anzahl an Oi Bands, die dem neuen Trend zu einem schnellen Aufstieg verhelfen. Das alles geschieht auch, jedoch mit ca. eineinhalbjähriger Verspätung, in Deutschland. Zunächst bietet "Oi" den deutschen Punks, die weder bei der NDW, noch bei den Anarcho-Punks mitmischen wollen, ein willkommenes Auffangbecken, in dem sie weiterhin ihre unangepasste Musik machen können, ohne sich politisch vereinnahmen zu lassen. Während Bands wie Slime aus Hamburg den radikalen linken Weg einschlagen, springen die Onkelz zunächst auf den unpolitischen Oi-Zug auf, der ihnen Gelegenheit genug bietet, ihrem Ärger Luft zu machen. Songs wie "Religion", "Hippies" und "Oi, Oi, Oi" sollen als Nachweis genügen. Was in Großbritannien schneller vollzogen wird, findet nun auch in Deutschland statt. Die radikale Rechte, beginnt den Stolz und auch den latenten Patriotismus der Oi-Szene für ihre Zwecke zu mißbrauchen. Was in England als eine unpolitische Jugendszene beginnt, die ihre Wurzeln in der Arbeiterklasse sieht, wird schon bald von der ultrarechten "National Front" und dem "British Movement" vereinnahmt. Die Bewegung der "Skinheads" die in England bereits 1969 entstand und der sich die Söhne der Werftarbeiter zugehörig fühlten, war eine Strömung, die ursprünglich zusammen mit den schwarzen jamaikanischen Einwanderern aus der "Rude Boy" Bewegung entstanden war. "Ska" und "Skinheadreggae" waren die vorherrschenden Musikstile der ausgehenden sechziger und beginnenden siebziger gewesen. Mitte der siebziger war die britische Skinheadszene bereits vollständig von der politischen Rechten vereinnahmt und restlos ausgebrannt. Erst die Oi-Bewegung zu Beginn der achtziger beschert der Skinheadbewegung in England einen neuen Schub und dehnt sich auch sehr schnell auf das europäische Festland aus. Ist die Oi-Bewegung zunächst unpolitisch und orientiert sie sich zunächst an den ganz und gar unpolitischen Working Class Bands wie "Cockney Rejects", "Angelic Upstarts", "The Gonads", "Agnostic Front", "The Blitz", "The Business" und "Cock Sparrer" sowie an den "softeren" Ska-Varianten wie "Madness", "The Specials", "Selecter" oder "Bad Manners"so kann man auch 1982/83 in Deutschland bereits den Einfluß der rechten politischen Parteien in diesen Szenen spüren. Der Zusammenhalt der Jugendbewegungen in der Punk- und in der jungen Skinheadszene, kann dem politischen Druck nicht standhalten und fällt sehr schnell einer radikalen Trennung zum Opfer.

Böhse Onkelz "Oi-music for FFM-Kids" Frankfurt 1982 v.l.n.r. Stephan, Gonzo, Pe, Kevin Foto: B.O. Archiv

 

1983

Oi ist noch nicht hart genug

Der Einstieg in die Skinheadszene

1983 beginnen die Böhsen Onkelz von der Oi-Bewegung in die Skinheadszene zu rutschen. Sowohl Stephan, als auch Gonzo haben sich bereits den Schädel rasiert und Stephan schreibt die ersten Lieder, die sich explizit mit dem Thema "Skinhead" befassen. Der Ska-Einfluß ist zwar noch zu spüren, und auch der Bezug zur Arbeiterklasse, aber diese Einstellung wird aufgrund der politischen Einmischung in die Szene schnell verwässert.

Das ominöse Demotape

Wie es zur Entstehung des viel diskutierten Demotapes kam und die Onkelz kurz vor dem Kultstatus

Ebenfalls 1983 nehmen die Böhsen Onkelz ihr erstes offizielles Demotape auf, das später nur als das ominöse "Demo" traurige Bekanntheit erreichen soll. Auf diesem Demo befinden sich eine radikalere Version des alten Punkstückes "Türken raus" und eine veränderte Version des Oi-Stückes "Oi, Oi, Oi". Ab diesem Zeitpunkt muß man den Böhsen Onkelz eine Ausländerfeindlichkeit attestieren, die sich in großer Brutalität und Gewalt äußert und in radikalem Auftreten während ihrer seltenen und sporadischen Gigs. Hatte es 1981 nur 7 dilletantische Auftritte vor einem meist jugendlichen und vollalkoholisierten Punk-Publikum gegeben und hatte es 1982 nur 4 Auftritte vor einem ebenfalls jugendlichen und ebenfalls vollalkoholisierten Publikum gegeben, das man der Oi-Punk-Bewegung hätte zurechnen können, so waren es aufgrund der häufigen Abwesenheit von Kevin und Gonzo 1983 gerade mal 2 Shows, die man als erste Skinheadkonzerte werten muß. Im Sommer 1983 spielen die Onkelz einen Gig in einem berliner Bunker, der auch als Proberaum der rechten Berliner Skinheadband "Kraft durch Froide" genutzt wird. Die Onkelz haben sich mit ihrem "Demo" bereits einen Namen in der Szene gemacht und sind nun ein fester Bestandteil der nach rechts treibenden deutschen Skinhead Bewegung.

Die beiden Skandal-Songs: "Türken raus" und "Deutschland den Deutschen"

Wann und wo wurden diese Songs vorgetragen?

Während dieses Gigs in Berlin '83 spielen sie zum letzen Mal den Song "Türken raus" und zum einzigen Mal den Song "Oi, Oi, Oi" der nun in "Deutschland den Deutschen" umbenannt wird und auch in dieser Version auf dem "Demo" zu hören ist. Die Zeile "Oi, Oi, Oi" wird in die Zeile "Deutschland den Deutschen" (eine Wahlkampfparole der NPD von 1980) abgeändert. Dort, wo es in der Oi-Version noch "Punks und Skins im Zusammenhalt gegen Euch und Eure Staatsgewalt" hieß, singt man nun "Skinheads im Zusammenhalt gegen Euch und Eure Kanakenwelt" und "bis jetzt haben immer die Bullen gesiegt" heißt in der neuen abgeändertenVersion "bis jetzt haben immer die Kanaken gesiegt". Bei diesem Gig sind ca. 80-100 Leute anwesend. Die noch kleine Skinheadszene feiert die Onkelz als ihre Helden und die rechten Parteien sehen ihre Chance zur gezielten Einmischung.

 

Kevin als Übersymbol der Skinheadszene

Trotz seines harten Auftretens, zeichnet sich die Tragödie bereits ab

Gerade Kevin tritt in dieser Zeit äußerst gewalttätig auf und versucht seine eigene Unsicherheit hinter gnadenloser Gewalt und bedingungsloser Provokation zu verstecken. Er treibt den Alkoholkonsum auf die Spitze und Schlägereien finden täglich statt. Oftmals läßt er sich von seinen Hamburger Freunden mitreißen und schnell wird aus der anfänglichen nicht zielgerichteten Gewalt ein glühender Hass gegen alles Fremde. Man muß hier darauf hinweisen, daß Kevin zu diesem Zeitpunkt ein sehr leicht zu beeinflussender Mensch ist, dem es wesentlich an Selbstvertrauen und Einsicht mangelt und der der Meinung ist, daß andere Menschen an seinem zerstörten Familienhaus und an seinen persönlichen Problemen Schuld sind. Seinen Äußerungen und seinem Handeln mangelt es ebenfalls an jeglichem intellektuellem oder ideologischem Hintergrund und so reichen sie für eine Zuordnung in ein politisches Lager nicht aus. Ausländerfeindlich, brutal und gewalttätig ist er jedoch allemal, was ihm oft einen Streit mit den anderen Bandmitgliedern einbringt, die der Meinung sind, daß das Skinheadsein sich nicht auf Gewalt und Härte beschränken sollte. Seine Zerstörungswut drückt sich zunächst in seinen Schlägereien und seinen Tattoos aus, die er sich selber sticht und später auch in seinem Alkohol- und Drogenkonsum der bald in Autoaggression und Sucht umschlägt.

 

Böhse Onkelz, Frankfurt 1983 v.l.n.r. Pe, Kevin, Gonzo, Stephan Foto: B.O. Archiv

 

1984

Rock O Rama und der nette Mann

Wie kam es zum ersten Album "Der nette Mann" und wer ist Herbert Egoldt?

Im Frühjahr 1984 wird Herbert Egoldt, Inhaber des Rock O Rama Labels und des gleichnamigen Mailorder Vertriebs aus Brühl auf die Onkelz aufmerksam. Herbert Egoldt hatte es in den vorangegangenen Jahren verstanden, den Import mit Independent Musik zu einem florierenden Geschäftszweig auszubauen. Sein Label galt während der letzten Jahre als kompetenteste Institution in Sachen Punk- und New Wave Import. 1984 jedoch beginnt er seinen Repertoirebereich auf die wachsende rechte Musikszene in England und Deutschland auszuweiten. Er bietet den Onkelz einen einseitigen Vertrag über drei Alben an, verspricht der Band eine Zahlung von 1,-- DM pro verkaufter Platte und sichert sich die Rechte an den Songs auf Lebzeiten. Die Böhsen Onkelz sind noch unerfahren im Musikgeschäft und gehen begeistert auf den Deal ein. 1984 ist für die Böhsen Onkelz das Schlüsseljahr, in dem sie ihre erste LP "Der nette Mann" in den Frankfurter MTV Studios mit Lazlo Viragh aufnehmen und sich den Titel "Kultband der Skinheadszene" sichern. "Der nette Mann" ist das erste Album einer deutschen Band, deren Mitglieder zu 100% Skinheads sind und sich auch dieser Szene verbunden fühlen. Musikalisch läßt es bereits die spätere Professionalität und Härte erkennen und gerade Gonzo hebt sich mit seinem inzwischen weit fortgeschrittenen Können von der Masse deutscher Bands ab. Die Texte drehen sich fast ausschließlich um Gewalt, Alkohol und Sex. Gerade das Titelstück in seiner ganzen Scheußlichkeit, findet bei den Skinheads in Deutschland großen Anklang. Das Stück "Der nette Mann" handelt von einem Kindermörder, der getarnt als netter Nachbar praktisch nicht auffindbar ist, da er sich hinter der Maske des "netten Mannes" versteckt. Der Song, der in der ersten Person Singular gesungen und mit Kevins rauhem Organ vorgetragen wird, gilt in Deutschland als massiver Tabubruch. Zum ersten Mal setzt sich eine Band auf ihre eigene Art und Weise mit dem Thema Kindesmißbrauch auseinander. Der Täter wird hier als "perverses Schwein" dargestellt und die "Ich-Form", in der das Lied vorgetragen wird, sorgt für große Empörung bei den Jugendschutzvereinen, Kommunen und Gemeinden. Man unterstellt der Band, sie selbst würden zum Kindermord aufrufen. Ebenso skandalös empfindet man das Lied "Mädchen" in dem es um nichts anderes als "ficken", "ficken" und nochmals "ficken" und um "blasen", "blasen" und nochmals "blasen" geht. Der Song "Frankreich '84", der die anstehende Fußball Europameisterschaft in Frankreich thematisiert und in dem das Wort "Frankreichüberfall" fällt, wird später als Hauptgrund für die angeblich faschistoide Gesinnung der Musiker herhalten müssen. Des weiteren befindet sich auf dem Debütalbum "Der nette Mann" das Lied "Deutschland", ein Song, in dem zum ersten Mal nach dem zweiten Weltkrieg eine deutsche Band die Textzeile "wir sind stolz darauf, Deutsche zu sein" verwendet. Merkwürdigerweise wird dieser Song, in den man unverblümt einen übertriebenen und gefährlichen Patriotismus, hineininterpretieren könnte, bei der späteren Beanstandung des Albums durch die Bundesprüfstelle, nicht nur nicht besprochen, sondern, er wird nicht einmal erwähnt.

 

"Der nette Mann" wird Kult

  Das Debüt Album "Der nette Mann" schlägt in der kleinen Skinheadszene, die in den Verfassungsschutzberichten des Jahres '84 mit ca. 2000 Personen beziffert wird, ein, wie eine Bombe. Die Böhsen Onkelz sind seit ihrem "Demo" von '83, seit ihrem Gig im Bunker '83 und seit ihrem ersten Album "Der nette Mann" die Band der Stunde. Die Gerüchte über die Frankfurter Band innerhalb der Skinheadszene nehmen groteske Formen an und so schnell, wie die Onkelz sich in der Szene etabliert haben, so schnell wird es ihnen auch schon wieder zu eng.

 

Skinheadszene auch zu eng?

Warum müssen Hosenträger genau 1/4 inch breit sein?

Während Kevin sich in der Skinheadszene aufgehoben und geborgen fühlt und der Meinung ist, daß er es mit einer wirklichen großen Familie zu tun hat, erkennen die drei anderen Musiker, Stephan allen voran, daß auch diese Szene ihre eigenen Schubladen hat und im krassen Gegensatz zu seinem Freiheitsgefühl steht. Die Vorschriften und Dresscodes, die Breite der Hosenträger, das Markenbewußtsein der "Glatzen", vom Fred Perry Hemd zu den Doc Marten's Schuhen, von der Sta Prest Jeans zu den Bomber Jacken, das alles fängt sehr schnell an zu nerven. Zum Jahreswechsel 84/85 legen Pe, Gonzo und Stephan die Hosenträger wieder ab und lassen die Haare wachsen.

 

Covershooting zum Debütalbum "der nette Mann" Frankfurt 1984 v.l.n.r. Kevin, Stephan, Gonzo, Pe Foto: Alf Diamond

 

1985

Das zweite Album

Böse Menschen - böse Lieder. Studiosequenzen auf Video.

Bereits im Februar 1985 nehmen die Onkelz ihre zweite Langspielplatte "Böse Menschen - böse Lieder" auf. Herbert Egoldt hat zu diesem Zeitpunkt noch keinen Pfennig für die Verkäufe der ersten LP gezahlt, ist aber der Meinung, daß dringend ein zweites Album aufgenommen werden muß. Von diesen Aufnahmen existiert Filmmaterial auf Video. Zusätzlich werden die Stücke der zweiten LP in Halbplayback und in Farbe für ein frühes Fanvideo in geringer Stückzahl aufgenommen. Während das Cover zum "netten Mann" noch auf dem Coverfoto (zerstörte, blutüberströmte Kinderpuppe in der Gosse, daneben ein paar Springerstiefel) einen klaren Bezug zur Skinheadszene aufweist, ist der Cover des neuen Albums mit einer Zeichnung aus einem Comic wesentlich neutraler und während sich die Songtexte des ersten Albums noch mit dem Thema "Deutschland" auseinandersetzen, sucht man auf der zweiten Scheibe solche Titel vergebens. Die Inhalte handeln fast ausschließlich von Alkohol und Straßenkampf, davon, daß die Gewalt nicht mehr als etwas Gutes und Wichtiges, sondern nun als etwas Erzwungenes, etwas zum Überleben auf der Straße Notwendiges angesehen wird. An dieser Stelle muß darauf hingewiesen werden, daß 1985 auch die rechten Parteien die Onkelz für sich entdecken und sie immer wieder für "ihre Sache" zu gewinnen versuchen. Es gibt während dieser Zeit zahlreiche Angebote von rechten Parteien und Vereinigungen an die Böhsen Onkelz, auf einer ihrer Kundgebungen oder Grillfeste zu spielen. Alle Angebote werden abgelehnt und die Böhsen Onkelz haben bis heute keine Note für eine politische Partei angeschlagen. In diesem Zusammenhang sind auch die Texte der beiden Songs "Signum des Verrats" (ein Song für Mitläufer und Skinheads, die ihre Ideale an die Politik verkauft haben) und "Hässlich, brutal und gewalttätig" (ein Song über die plakative Darstellung der Skinheads in den Medien) zu verstehen.

 

Der größte dokumentierte Glatzengig

Viel Alkohol und schlechter Sound in Lübeck

Den vierten und größten Gig vor einer Skinheadgemeinde spielen die Onkelz zusammen mit der englischen Band "Indecent Exposure" und den deutschen "Die Hards" im August '85 in der Nähe von Lübeck. Vor rund 700 Glatzen und Glatzenähnlichen, von denen man einige ganz klar dem rechten Lager zuordnen muß, läßt sich Kevin zu einer weiteren Dummheit hinreißen. Obwohl die Band den Aufforderungen "Türken raus" oder "Deutschland den Deutschen" vom Demotape zu spielen, nicht nachkommt, tragen sie dennoch den Song "Deutschland" vom ersten Album vor. Die originale Textzeile "deutsche Frauen, deutsches Bier - schwarz rot gold wir steh'n zu Dir" wird während des Gigs von Kevin auf eigene Faust umgestaltet und er singt nun "deutsche Frauen, deutsches Bier - schwarz weiß rot wir steh'n zu Dir" Die Band ist außer sich vor Wut über diesen Alleingang und es kommt zu Spannungen innerhalb der Band.

 

"Mexico" - die letzte Rock o Rama Veröffentlichung

Rock o Rama driftet schwer nach rechts, aber die Onkelz gehen nicht mit

Im Herbst 1985 entscheiden sich die Böhsen Onkelz dazu, ihren Vertrag bei Herbert Egoldt und Rock 'O'Rama zu erfüllen, in dem sie noch ein letztes Album mit ihm aufnehmen. Egoldt hat bis jetzt keinen Pfennig gezahlt und ein persönlicher Besuch bei ihm bringt einen Scheck über 4000,-- DM. Dies bleibt die erste und letzte Zahlung, die Herbert Egoldt den Böhsen Onkelz bis heute ausgezahlt hat. Dazu hat Egoldt nun ein großes Sortiment an Faschobands aus England auf seinem Label versammelt und die Böhsen Onkelz fühlen sich zunehmend verarscht und unwohl. Um den Vertrag zu erfüllen und Egoldt dabei so wenig Songmaterial wie möglich zu liefern, veröffentlichen die Onkelz lediglich 6 Songs auf der "Mexico" EP. Das dritte Studioalbum "Mexico" mit dem gleichnamigen Stadionknaller zur Fußballweltmeisterschaft '86 stößt in der Skinheadszene erneut auf große Zustimmung und gilt bis heute als das dritte und letzte Skinheadalbum der Böhsen Onkelz.

 

Der letzte Glatzengig

Jetzt wird's krass. Die Onkelz spielen zum letzten mal vor einem reinen Glatzenpublikum, das inzwischen in seiner Gesamtheit aus Faschoglatzen besteht.

Zum ersten größeren Ausstiegsimpuls aus der Skinheadszene, der sich über das nächste Jahr hinziehen sollte, führt ein erneuter Böhse Onkelz Gig im Berliner Bunker der Faschoband "Kraft durch Froide" am 9.11.85. Die Böhsen Onkelz sind wegen ihrer länger werdenden Haare und ihrem veränderten Aussehen bereits seit "Lübeck" im Sommer und seit der "Alabama Diskussion" im September in der Skinheadszene verpönt. Die erste Kritik innerhalb der Szene macht sich bemerkbar und zunächst ist die Band für den Gig im November in Berlin gar nicht eingeplant. Erst als eine andere Band absagt, kommt man auf die Frankfurter Onkelz zurück. In dem Bunker in Berlin Wedding finden sich gut 200 Glatzen zusammen, die von vorneherein klarstellen, auf welcher Seite sie politisch stehen. Schon vor dem Auftritt der Böhsen Onkelz, skandieren die anwesenden Skinheads einstimmig mit zum Hitlergruß erhobenen rechten Armen "Deutschland den Deutschen", "Ausländer raus", und "Sieg Heil". Man muß den Onkelz den Vorwurf machen, daß sie diesen Gig nicht sofort abgebrochen haben. Auch wenn die Band am Aufbau dieser Szene mit beteiligt war und sich anfangs noch nicht im Klaren darüber war, in welche Richtung ihre Szene marschiert, so muß sie es sich gefallen lassen, in dieser Phase als ausländerfeindliche rechte Band bezeichnet zu werden. Selbst wenn die politische Ausrichtung der Band nicht als rechtsradikal bezeichnet werden kann, und sie sich selbst auch zu dieser Phase nicht als rechtsradikal empfindet, spricht ihr Publikum doch eine deutliche Sprache. Das allerdings fällt nach dem Gig in Berlin auch den Böhsen Onkelz auf und wo Kevin sich noch heimisch in der Szene fühlt, wird es den anderen Musikern zu eng. Nach diesem Konzert ist man sich einig. Die Böhsen Onkelz wollen keine Kultband der Skinheads mehr sein und ihren Sänger Kevin werden sie schnell überzeugen können.

 

Covershooting zum Album "Mexico" 1985 v.l.n.r. Gonzo, Kevin, Pe, Stephan Foto: Muffel

 

1986

Kevin und die Tattoos

Kevin wird Tätowierer

1986 ist das Jahr, in dem Kevin seine Laufbahn als Tättowierer beginnt. Er hat schon seit geraumer Zeit am eigenen Körper experimentiert, hat hunderte von Zeichnungen entworfen und findet nach seiner Lehre als Matrose, die mit einem Rauswurf endet, nun einen Job im Studio des Frankfurter Tattoo-Künstlers Alf Diamond. Auf privater Ebene ist er mit Stephans jüngster Schwester Moni zusammen und treibt den Alkoholkonsum und die Gewalt auf die Spitze.

 

Indizierung "Der nette Mann"

Was hatte die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften am "Netten Mann" auszusetzen und warum wurde die Platte verboten?

Die Bundesprüfstelle indiziert im September '86 das Debüt Album "Der nette Mann" mit der Begründung der Titelsong würde zum Mord an kleinen Kindern aufrufen, der Song "Frankreich '84" beinhalte rassistische Tendenzen, der Song "Mädchen" sei pornographisch, der Song "Dr. Marten's Beat" sei gewaltverherrlichend und der Song "Böhse Onkelz" würde unreflektiert den Nationalsozialismus verherrlichen. Die Songs in ihrer Abschrift, weisen viele Fehler und Entstellungen auf - manche Passagen sind von der Bundesprüfstelle frei erfunden worden - und das Verbot des Albums sorgt dafür, daß es bundesweit "Kultstatus" erlangt. Die spätere Behauptung, die Böhsen Onkelz hätten diese Indizierung beabsichtigt, sie sei Teil einer gewaltig angelegten Marketingkampagne gewesen, ist unhaltbar und unzutreffend. Das Verbot der Platte kommt zwar überraschend, wird aber von der Band schulterzuckend hingenommen. Verdient haben sie an den ersten drei Alben sowieso nichts.

 

Der Ausstieg und die Presse

Die ersten dokumentierten öffentlichen Distanzierungen und Begründungen zum Ausstieg aus der Skinheadszene

1986 sind die Onkelz für eine kurze Zeit ohne Vertrag und ohne neue Songs. Ein Playback-Benefiz-Gig für das S.O.S.-Kinderdorf unter der Leitung von Manfred Sexauer verläuft mehr als chaotisch, als der betrunkene Kevin Russell in das Schlagzeug fällt und nicht mehr alleine hochkommt. Danach gibt es bis 1989 keine Konzerte mehr und die Presse hat von der Band, ihrer bisherigen Geschichte und ihrem Ausstieg aus der Skinheadszene keine Kenntnis und zeigt auch kein Interesse. Innerhalb der Szene jedoch gibt es die wildesten Auflösungsgerüchte und Erwähnung finden die Onkelz allerhöchstens in einschlägigen Skinheadfanzines. Hier zwei Zitate: Stephan: "Ein für allemal: Die Böhsen Onkelz haben sich nicht aufgelöst. Ich weiß nicht, welcher Verrückte auf die Idee gekommen ist, dieses Gerücht in die Welt zu setzen. Es stimmt jedenfalls nicht. Wir hatten keine Lust mehr, uns in eine Ecke drängen zu lassen, aus der wir nicht mehr herauskommen. Wir wollten unseren Spaß haben und das war zum Schluß nicht mehr möglich. Für die Zukunft der Skinbewegung sehe ich einigermaßen schwarz. Zu viele Leute, die früher die Bewegung geprägt haben sind verschwunden, zu viele Leute, die diesen Ruf nicht halten können, sind dazu gekommen. Wir brauchen uns von diesen Leuten nichts vorwerfen und schon gar nichts sagen zu lassen. Wir kennen die Sache. Die Skins, die von sich behaupten können, 4-6 Jahre dazu gehört zu haben, kann man an einer Hand abzählen." aus: "Singen und Tanzen", Skinheadfanzine Duisburg, Frühjahr 1986 Frage: "Ihr seid im letzten Jahr in der Alabamahalle aufgetreten, um in einer Diskussion mit dem Thema "Skinheads" Rede und Antwort zu stehen. Würdet ihr das heute noch mal machen?" Stephan: "Das mit der Alabamahalle würden wir mit Sicherheit nicht nochmal tun. Wir haben da mitgemacht, weil wir endlich mal Gelegenheit hatten, den Ruf der Skins ein wenig in ein anderes Licht zu rücken, weg von diesem Neo-Nazi-Klischee." aus: "oi - the bulldog", Skinheadfanzine Augsburg, Frühjahr 1986

 

Böhse Onkelz nach dem Ausstieg aus der Skinheadszene, Frankfurt 1986 v.l.n.r. Kevin, Pe, Stephan, Gonzo Foto: B.O. Archiv

1987

Nach dem Ausstieg

Die Böhsen Onkelz gehen in den Untergrund und die Presse kriegt nichts davon mit

Das Jahr 1987 markiert das zweite Jahr nach dem Ausstieg der Böhsen Onkelz aus der Skinheadszene und ihr erstes Metal Album, das im Sommer des Jahres bei Metal Enterprises erscheint. "Onkelz wie wir" erspielt sich schnell den Ruf einer reinen Rockscheibe innerhalb der wachsenden Fangemeinde. Die Presse ist immer noch weitgehend uninteressiert. Nur einige Musikmagazine haben von dem Ausstieg der Onkelz aus der Glatzenbewegung etwas mit bekommen, wollen die Wandlung aber nicht anerkennen. Das einzige Dokument aus dieser Zeit, ist ein längeres Interview, daß der Soziologe Markus Eberwein mit den Böhsen Onkelz im Rahmen des Buchprojekts "Skinheads in Deutschland" durchführt. Hier einige Auszüge: Stephan: "Und wenn man dann hier so was liest: "Früher eine aufmüpfige Punkband, ist die Kapelle unter ihrem Lead-Sänger Ian Stuart inzwischen voll auf der Linie der faschistischen "National Front". "Skrewdriver" hat überall in Europa Nachahmer gefunden. Die Gruppen nennen sich "Blut und Ehre", so in der Schweiz, in Frankfurt "BÖHSE ONKELZ" oder in Westberlin "Kraft durch Froide". Pe: "Es gibt sicherlich Gruppen, die faschistisches im Sinn haben!" Gonzo: "Aber mit so was haben wir nie was am Hut gehabt!" Pe: "Dazu gehören wir aber wirklich nicht!" Gonzo: "Von wegen parteipolitisch: Ist nie was gelaufen bei uns!" Kevin: "Politik ist ja total uninteressant. Das ist überhaupt kein Thema, weil Politik ist in diesem Land undurchführbar. Deswegen interessiert mich Politik einen Scheißdreck, ja? Ich will nur leben, wie ich will, das ist alles. Politik und sich politisch überhaupt zu organisieren ist das Letzte! Das ist so eine Zeitverschwendung. Also in der Zeit kann ich etwas Besseres machen." (...) Stephan: "Man muß sich mal eins überlegen. Wir waren damals, wo es angefangen hat, dabei und haben die ganze Bewegung mit aufgebaut. Und dann siehst du, wie ein paar Idioten die ganze Sache kaputt machen." (...) Stephan: "Und bei uns hat es aufgehört, wo der Punk ins Linke reingezogen worden ist. Punk bedeutete am Anfang für uns nur, Außenseiter zu sein und Spaß zu haben." Kevin: "Und so ist es jetzt auch bei den Skins, das wird nur ins Rechte gerückt. Und da hört es für mich dann auch auf. Genauso war es damals als Punks." Gonzo: "Die Linken haben sich die Punks unter den Nagel gerissen und die Rechten versuchen sich die Skins unter den Nagel zu reißen." Kevin: "Also ein richtiger Skinhead ist politisch total negativ eingestellt, politlos." (...) Gonzo: "Wir waren als Punks politisch uninteressiert gewesen. Dann haben wir gesehen: jetzt kommt das Ganze in eine politische Sache rein, was machen wir jetzt? Das wollen wir nicht, wir wollen mit den Leuten nichts zu tun haben! Naja, ich weiß auch nicht, wie es kam: jedenfalls wurden die Haare kürzer, und dann sind wir Skinheads gewesen. Dann waren wir zwar noch dieselben wie vor einem halben Jahr, aber wir sind nicht Skinheads geworden aus dem Grund, weil: Sieg Heil! Und rechts!" Kevin: "Auf keinen Fall!" (...) Kevin: "Man wollte halt alles ein bisschen mehr auf Härte machen, anstatt so auf: viel trinken, und Koma, und: Eh, ihr Blöden! Und nichts mit Politik, von wegen: `Heil Hitler!` Das überhaupt nicht, was soll denn das? So'n Quatsch! Ich meine, wenn man damals leben würde. Ist doch Scheiße! Ich meine, in der Hitlerjugend hier, ich würde mir doch die Kugel geben! Was soll das denn?" Gonzo: "Stell dir mal vor, da wärst du ein größeres Arschloch als die Bullen!" Kevin: "Da hast du zehn Arschlöcher am Tag, die dir sagen, du sollst das und das machen. Das ist einfach logisches Denken, dass so eine Politik Scheiße ist!" (..) Kevin: "Ich lasse mir doch von keinem Arsch sagen: Weil ich Skinhead bin, muss ich jetzt singen: `Sieg Heil!` und `Gewalt!" aus: "Skinheads in Deutschland" von Markus Eberwein und Josef Drexler, Selbstverlag, Hannover/München 1987) So, wie der Song "Stolz" wohl für viele Jugendliche der Einstieg in die Sezene gewesen sein mag und so, wie, der Song "Deutschland" den nicht ganz ungefährlichen Patriotismus thematisierte, genauso gilt der Song "Erinnerungen" auf dem Album "Onkelz wie wir" als der klassische Ausstiegssong und wird von den Fans, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, begeistert aufgenommen. Für die Böhsen Onkelz war damit ihre Zugehörigkeit zur Skinheadszene abgeschlossen, der Ausstieg vollzogen und dokumentiert. Man muß jedoch davon ausgehen, daß die Medien von dieser Entwicklung nichts mitbekommen haben und daß die Bewußtwerdung der Böhsen Onkelz zu diesem Zeitpunkt kein Thema darstellte. Anders sind die späteren Recherchefehler und Behauptungen insbesondere der Tagespresse nicht zu erklären.

 

Covershooting zum Album "Kneipenterroristen" 1987 v.l.n.r. Kevin, Stephan, Gonzo, Pe Foto: Jörg Köpfer

 

1988

Onkelz? Nie gehört!

Außer den Metall-Magazinen schlafen alle - die Onkelz sind kein Thema

Im Jahr 1988 gibt es, wie auch schon im vorangegangenen Jahr keine Konzerte. Die Massenmedien interessieren sich noch immer nicht für die Geschichte der Böhsen Onkelz. Weder ihre Musik, noch ihr Ausstieg aus der Skinheadszene wird in der Tages- oder Stadtpresse erwähnt. Der Metal Hammer macht den ersten Schritt im Februar ?88. Nachdem er bereits im Vorjahr die "Onkelz wie wir" als "Nazi-Skin-Platte" verrissen hatte und nachdem sich Stephan und Gonzo daraufhin bei der Redaktion beschwert hatten, lädt der damalige Chefredakteur Edgar Klüsener die beiden Musiker zu einem Gespräch ein. Hier einige Auszüge: Stephan: "Vor allem in den letzten Jahren ist ein Teil der Skins klar nach rechts abgedriftet. Tatsache ist, daß auch politische Organisationen versuchen, direkten Einfluß auf Skins zu gewinnen. Das geht soweit, daß sie zu unseren Konzerten kommen und Stände aufbauen oder Flugblätter verteilen wollen. Das lassen wir jedoch unter keinen Umständen zu. Die fliegen ganz einfach raus!" (...) Stephan: "Einer von uns zum Beispiel hat den Wehrdienst verweigert und leistet zur Zeit seinen Zivildienst ab - aus welchen Gründen auch immer. Und da sagt man uns noch ernsthaft nach, wir würden Neo-Faschisten unterstützen oder seien gar selbst welche. Wir sind zwar Musiker, aber keine Idioten!" (...) Stephan: "Was heute noch als Skinhead auftritt, hat meistens nichts mehr mit dem zu tun, was ursprünglich mal das Skin-Movement war. Übriggeblieben sind oft nur noch die, die tatsächlich rechtsradikal eingestellt sind. Die anderen, die von Anfang an dabei waren und die Bewegung mit aufgebaut haben, die haben sich inzwischen weitgehend abgesetzt und distanziert." (...) Stephan: "Es war eine Bewegung der Kids von der Straße und eine Bewegung, die aus der Arbeiterklasse entstanden ist, aus der Klasse also, aus der auch wir stammen und in der wir verwurzelt sind. Eine andere Sache allerdings ist, daß für uns die Politik, so wie sie uns von den herrschenden gesellschaftlichen Gruppen und Parteien jeden Tag vorgespielt wird, absolut unglaubwürdig geworden ist. Politik ist ein pures Gerangel um Macht und Geld. Der Mensch und seine Bedürfnisse gelten nichts. Die einzige Partei, die zur Zeit noch einen Hauch von Glaubwürdigkeit besitzt, sind die Grünen. Sie könnten eine echte Alternative bieten, wenn sie zur Geschlossenheit zurückfinden würden." (...) Stephan: "Als wir erstmals mitbekamen, wohin der Zug plötzlich fuhr, auf dem wir als Kultband der Skins irgendwo mit draufsaßen, haben wir damit begonnen, gegen unsere eigenen Leute zu schreiben, um irgendwie zu bremsen." (...) Stephan: "Seitdem sind wir alle noch um einiges bewußter geworden. Wir glauben, daß unser einzige Chance sowohl musikalisch, wie auch menschlich-politisch im Crossover liegt. Es hat keinen Sinn, wenn Glatzen auf Punks, Metaller auf Hippies und jeder gegen jeden losgeht. Statt uns zu bekämpfen, sollten wir viel mehr zusammenhalten gegen die, die uns alle zusammen be- und unterdrücken, gegen korrupte Politiker, Umweltzerstörer, Kriegstreiber und gegen ein politisches System, für das der Einzelne Dreck ist." aus "Metal Hammer" Hard Rock Zeitschrift "Böse ja, rechtsradikal nein" von Edgar Klüsener, München Februar 1988 Kurz darauf druckt das semi-professionelle Heavy Metal Magazin "Mega Mosch" im Sommer 1988 ein weiteres Interview mit Stephan Weidner ab. Es folgen Auszüge. Stephan: "Es gab dann halt regelmäßig Ausschreitungen und uns wurde ein faschistisches Image angelastet, worauf die Veranstalter halt auch keinen Bock hatten, was ein Auftrittsverbot für uns in Frankfurt und Umgebung zur Folge hatte. So hat sich das dann halt entwickelt und immer mehr verschlimmert, durch Mund-zu-Mund-Propaganda." (...) Stephan: "Ja, das ist richtig. Zu dieser Zeit (84) waren wir halt auch Skins gewesen und haben voll hinter der Bewegung gestanden. Wir wollten deshalb auch eine Platte für diese Bewegung machen. Inzwischen haben wir mit dieser Szene eigentlich nichts mehr am Hut." (...) Stephan: "Rock-O-Rama haben uns finanziell ziemlich beschissen und nahmen außerdem immer mehr rechte Gruppen in ihr Repertoire auf, was uns auch nicht so gelegen hat." aus "Mega Mosch" Heavy Metal Zeitschrift, Sommer 1988

 

Die legendäre "28"

Was wirklich hinter der Zahl "28" steckt und wie die Drogen die Onkelz "zähmen" - ein neuer Plattenvertrag

Inzwischen hat auch Kevin der Skinheadszene abgeschworen. Er legt die Hosenträger und die Stiefel ab und läßt die Haare wachsen. Gleichzeitig steigt aber auch sein Drogenkonsum. Hat er früher noch gekifft, gesoffen und Leim geschnüffelt, wechselt er jetzt zu Kokain, LSD, Speed und Ecstasy. Seine Wohnung in der Weberstraße 28, kurz "die 28" genannt entwickelt sich immer mehr zur Drogenhöhle und am Anfang hängt auch der Rest der Band mit drin. Vor diesem Hintergrund bringt die Band bringt im Herbst '88 ihr fünftes Studioalbum "Kneipenterroristen" und damit ihr zweites Album bei Metal Enterprises heraus. Die Platte wird von der nun wachsenden Metal-Fan-Gemeinde begeistert gekauft. Es werden bis zum Oktober 15.000 Einheiten abgesetzt, was darauf schließen läßt, daß die Fangemeinde nicht mehr nur aus Glatzen besteht, denn deren Anzahl beläuft sich zu dieser Zeit laut Verfassungsschutzbericht auf rund 2500 Personen. Die Skinheadszene hat mit den Onkelz ihre professionellste Band verloren und das Vakuum ist nicht zu füllen. Weit und breit ist keine Band in Sicht, die auch nur annähernd an den Kultstatus der Onkelz heran kommt. Wütend macht sich die Szene in den Artikeln ihrer Fanzines Luft und beginnt massiv damit, die Onkelz als "langhaarige Hippies", "Motherfucker" und "linke Zecken" zu beschimpfen.

 

Böhse Onkelz 1988 v.l.n.r. Kevin, Stephan, Pe, Gonzo Foto: B.O. Archiv

 

1989

Immer noch im Untergrund

1989 - die Onkelz stehen wieder auf der Bühne und ein Interview, das nie gesendet wurde

Im Jahre 1989 finden die Böhsen Onkelz in den Medien noch immer nicht statt. Weder Tageszeitungen noch Musikmagazine interessieren sich für die Band. Die Kneipenterroristen LP vom Vorjahr wird kaum erwähnt und ebenso wenig ihr Ausstieg aus der Glatzenszene oder die wachsende Fangemeinde, die sich nun aus vereinzelten Alt-Skins, Punks und Rockern zusammen setzt. Wohl aber finden wieder erste Konzerte statt. 5 Shows spielen die Onkelz im Raum Wiesbaden und Frankfurt vor einer Crowd von 800 bis 1200 Leuten. In Offenbach tauchen ca. 30 Skinheads mit Deutschland Fahnen auf und pöbeln im Publikum. Stephan macht eine seiner ersten öffentlichen anti-rechts Ansagen von der Bühne herunter. Leider gibt es hiervon kein Video- oder Tonmaterial. Ein weiteres erwähnenswertes Interview findet im Herbst des Jahres statt, als der Redakteur eines bekannten Nachrichten Magazins die Böhsen Onkelz in ihrem Proberaum in Frankfurt besucht. Von diesem Interview liegt uns die ungeschnittene Rohfassung vor, die wir hier in Auszügen ablegen. Augrund bestehender Copyrights, können wir leider die Quelle nicht angeben, da man uns die Genehmigung zur Veröffentlichung des Materials verweigert hat. Wir tun es dennoch: Bemerkenswerterweise werden diese Aufnahmen der Öffentlichkeit vorenthalten, da sich die Redaktion dazu entschließt, den Beitrag nicht zu senden. Möglicherweise ist die unprofessionelle Vorgehensweise des Interviewers ein Grund dafür, möglicherweise entsprechen die Onkelz aber auch nicht dem gewünschten Bild einer "unglaubwürdigen Nazi-Skinband", die man hier zu portraitieren versucht. Ebenso, sollte an dieser Stelle ein Interview mit der Metal Zeitschrift "Reborn" erwähnt werden, daß im Herbst des Jahres geführt wird... Stephan: "Wir wollten eigentlich schon auf jeder LP die Texte abgedruckt haben, weil wir gemerkt haben, dass gerade bei den alten Platten die Texte zum Großteil nicht verstanden wurden. Durch den etwas undeutlichen Gesang und die schnell aufeinander folgenden Worte sind häufig Missverständnisse aufgetreten. Viele Leute haben den Text nicht richtig verstanden und somit wurde der wahre Sinn des jeweiligen Liedes verfälscht. Deswegen wurde uns bei manchen Texten auch unterstellt, sie seien rechtsradikal. Und das stimmt nicht!" aus: "Reborn" Nr.2, Heavy-Metal-Fanzine, Herbst 1989 ... und ein weiteres Interview, daß zwar 1988 für ein Skate-Fanzine geführt wird, aber merkwürdigerweise in einer rechten Publikation im Jahre 1989 ohne Quellenangabe wieder auftaucht: Frage: "Also, wir haben ja auch von Euch 1-2 Platten auf Kassette aufgenommen und haben auch versucht, da ein bisschen was rauszuhören, textmäßig, und da gibt es ein Lied, auf "Der nette Mann" ist es glaub' ich drauf, das geht über die EM in Frankreich '84. Da heißt es so was wie "Frankreichüberfall", da hab ich gleich an Hitler gedacht so ein bisschen. Wie ist das denn aufzufassen?" Stephan: "Da ging das Interesse am Fußball, vielleicht auch an Ausschreitungen unter Fans usw., das ging halt ein bisschen verloren, das wurde vielleicht ein bisschen zu politisch dargestellt. Vielleicht haben wir auch einen Fehler gemacht im Textschreiben und das nicht deutlich genug ausgedrückt, was wir damit meinen. Ich meine, wir haben einen ziemlichen Hals auf die Franzosen gehabt zu dieser Zeit, wir haben da so auf die Schnauze bekommen von den Bullen, und das war so ein bisschen Hasstirade auch auf die, das war schon dabei, aber es sollte eigentlich keine Volksverhetzung oder irgendso ein Quatsch sein, damit haben wir nichts am Hut." aus: Rock Nord, Winter 1989/90

 

Stephan und Kevin, die zwei treibenden Kräfte

Stephan Weidner orientiert sich neu und Kevin Russell versackt im Sumpf

Auf privater Ebene entschließt sich Stephan Weidner 1989 mit seinem Freund Edmund Hartsch zusammen den Skate- und Snowboardladen "Cadillac Ranch" in Frankfurt zu eröffnen. Seine privaten Interessen haben sich in viele neue Bereiche aufgefächert. Er reist viel, liest viele Bücher und stellt sein Leben um. Zwar ist er noch immer Stephan Weidner, der keiner Konfrontation aus dem Weg geht, jedoch löst er seine Konflikte nicht mehr mit Gewalt. Kevin dagegen ist zu dieser Zeit noch immer außer Rand und Band. Seine Beziehung zu Stephans Schwester Moni leidet erheblich unter seiner immer schlimmer werdenden Drogensucht und seinem explosiven Temperament. Die Schlägereien in seinem Leben hören nicht auf und bald zieht Moni aus der "28" aus und überläßt Kevin seinem selbstgewählten Schicksal. Pe und Gonzo halten sich weitestgehend aus den Exzessen raus und führen ein zurückgezogenes Privatleben mit ihren Freundinnen.

Autogrammstunde 1989 v.l.n.r. Gonzo, Pe, Stephan, Kevin Foto: B.O.Archiv

 

1990

1990 - ein dunkles Jahr

Das Jahr 1990 entwickelt sich im Sommer zu einem der dunkelsten Jahre für die Böhsen Onkelz. Kevins Drogeneskapaden in der "28" inspirieren Stephan zu den düstersten Texten, die er je geschrieben hat. Songs wie "Leiden", "Necrophil" und "Hast du Sehnsucht nach der Nadel" drücken diese Stimmung eindrucksvoll aus.

 

Der Wechsel zu Bellaphon und ein heimtückischer Mord

Trimmi wird ermordet und Kevin wird zur lebenden Leiche

Der Tiefpunkt des Jahres 1990 ist erreicht, als am 16. Juni der beste Freund der Band, der 23jährige Elektrikergeselle Andreas Trimborn im "Speak Easy", einer Kneipe in Alt-Sachsenhausen erstochen wird. Ein weiteres Schlüsselerlebnis, das die Band zwar unzertrennlich zusammenschweißt und viel Material für neue Lieder gibt, ("Nur die besten sterben jung", "Ganz egal" 1991, "Das Messer und die Wunde" 1993, "Der Platz neben mir" 1998) aber gleichzeitig auch dafür sorgt, daß Kevin ganz und gar im Drogensumpf versackt. Er nimmt nun täglich große Dosen an Kokain und Heroin zu sich und verwahrlost zusehends. Die 90er Veröffentlichung "Es ist soweit", das sechste Studioalbum der Onkelz, das sich hervorragend verkauft, ist auch das letzte Album, das die Band mit Ingo Nowotny aufnimmt. Ebenso wie Herbert Egoldt, beginnt sich Ingo Nowotny mit grottenschlechten Bands zu umgeben, von denen einige eine sehr zweifelhafte Gesinnung haben und auch er scheint von pünktlichen Lizenzzahlungen oder von Auszahlungen generell nicht viel zu halten. Die Böhsen Onkelz überwerfen sich mit Nowotny und finden gegen Ende des Jahres einen neuen Vertragspartner in der alteingesessenen Frankfurter Firma Bellaphon. Stephan erweitert seinen Horizont zunehmend, in dem er auf einem Walforschungsschiff vor der Küste Mexicos segelt, Vegetarier wird, nach Fidji und Australien reist und eine große Anzahl an Büchern verschlingt.

 

Die Presse erwacht...

Geringe Medienpräsenz in Tageszeitungen und Musikzeitschriften, machen bereits deutlich, daß die Böhsen Onkelz von der Musikindustrie nicht akzeptiert werden und ihr Ausstieg nicht anerkannt wird. Die wenigen Artikel, die sich mit dem Thema "Onkelz" auseinandersetzen, werfen der Band vor, sie sei immer noch in der "rechten Szene" aktiv, würde sich nur aus marketingtechnischen Aspekten nun anders und vorsichtiger ausdrücken, sei aber im Grunde nichts anderes, als eine "Nazi-Skin-Kombo", die keine Musik machen könne und die man am besten totschweigt. In der Zwischenzeit werden von der "Es ist soweit"- LP 30.000 Einheiten in kürzester Zeit abgesetzt.

 

Covershooting zum Album "Es ist soweit" Frankfurt-Bonames 1990 v.l.n.r. Gonzo, Stephan, Kevin, Pe Foto: Mike Schraft

 

1991

"Warum ändert Ihr nicht einfach Euren Namen?"

Schlecht recherchierte Artikel sind an der Tagesordnung und die Böhsen Onkelz stehen kurz vor dem Durchbruch

Die 91er Veröffentlichung, die erste LP bei Bellaphon, die den Titel "Wir ham' noch lange nicht genug" trägt, steht ganz unter dem Zeichen der Verarbeitung persönlicher Erlebnisse. Nicht nur wird dieses siebte Studioalbum dem ermordeten Freund "Trimmi" gewidmet, sondern man schreibt auch ein Lied für ihn "Nur die besten sterben jung", ein Lied für seinen Mörder "Ganz egal", ein Lied gegen die einflussnehmende und uninformierte Presse "Zeig mir den Weg" und ein Lied über die Sinnlosigkeit versoffener Tage "Wieder mal 'nen Tag verschenkt". Das Album verkauft über 100.000 Einheiten in wenigen Monaten. Während die Presse allmählich auf das Phänomen der "Onkelz" aufmerksam wird und ihre Popularität einzig und allein auf ihren "Kultstatus" in der Skinheadszene zurückzuführen versucht, werden gleichzeitig die Forderungen nach einer Namensänderung laut. Bisher hat die Band keinen Videoclip für einen Musiksender gedreht und findet im Radio nicht statt. Die Musikindustrie ruft öffentlich zum Boykott der Band auf und beginnt, massiv auf den Handel einzuwirken. Ziel ist es, die Band entweder mundtot zu machen oder aber unter einem anderen Namen mit möglicherweise englischen Texten neu zu erfinden. Angebote, die das bestätigen gibt es in größerer Anzahl. Die Band lehnt weiterhin jede Diskussion darüber ab und antwortet stattdessen mit ihren Songs. Es muß möglich sein, in Deutschland, so die Band, seine Meinung zu ändern, Fehler einzugestehen und geistig zu reifen. Bewußtwerdung soll zugestanden werden. Stephan und die Band sind fest dazu entschlossen, den Namen "Böhse Onkelz" zu einem Symbol des Umdenkens zu machen und sich dem Druck nicht zu beugen.

 

Zunehmende rechte Gewalt in Deutschland

Die Onkelz äussern sich...

Gegen Ende des Jahres '91 beginnt auch die Tagespresse verschärft damit, die Böhsen Onkelz in ihren Artikeln über rechte Gewalt zu erwähnen. Die Berichterstattung über die Band ist defizitär, lückenhaft und ungenügend. Daten, Fakten, Namen, Zahlen, alles wird bunt durcheinander geworfen und schlecht bis gar nicht recherchiert an die Leser verfüttert. In Radio, Fernsehen und Tagespresse wird die Band als schlimme "Nazi-Skin-Kombo" dargestellt und es wird in den Medien zu öffentlichen Boykotten aufgerufen. Kein Radioairplay, keine Videoclips, keine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Thema "Böhse Onkelz". Eine objektive Berichterstattung findet nur vereinzelt in wenigen Rock Zeitschriften statt. Hier einig Zitate aus dieser Zeit: Stephan: "Wir haben uns letztendlich nie als rechte Band gesehen, oder uns als Angehörige der rechten Szene gefühlt." aus "Animalize" Nr.10, Oktober 1991) Frage: "Warum, glaubst du, fühlen sich so viele Rechtsradikale von euren Texten angesprochen?" Stephan: "Es wird immer Leute geben, die zu primitiv sind, um das Ätzende, die Ironie in unseren Texten richtig zu verstehen." aus "Wild Axes" Nr.4, Heavy-Metal-Magazin, Österreich, Oktober/November 1991) Frage: "Kommt bei euch jetzt das schlechte Gewissen raus?" Stephan: "Als es hier in Deutschland mit den Skinheads anfing, gab's keine rechte Szene in der Bewegung; es war eine Skinbewegung, die sich mehr zur Arbeiterklasse hingezogen fühlte, also mehr zur Mittelschicht, "working-class-kids" sozusagen. Wir haben größtenteils auch schwarze Musik gehört, Soul und Ska. Die Politik kam eigentlich viel später in die Bewegung, und zwar zu einem Zeitpunkt, wo wir schon dabei waren - auch aus diesen Gründen - uns von dieser Bewegung zu distanzieren." aus "RockHard" Nr.55, November 1991)

 

1992

Kevin scheint verloren

Kevins Drogensucht erlangt im Jahre 1992 ebenfalls einen traurigen Höhepunkt...

...Er ist jetzt Alkoholiker und Heroinjunkie und kann nur noch unter äußerster Anstrengung die wenigen Konzerte absolvieren. Die Band befindet sich in ihrer größten Krise, seit ihrer Gründung im Herbst 1980. Während Kevin täglich 2 Liter Jägermeister und mehrere Gramm Heroin konsumiert, während er zielstrebig an seiner eigenen Vernichtung arbeitet, stellt sich Stephan in unzähligen Pressekonferenzen und Interviewterminen den Vorwürfen.

 

Bellaphons glücklicher Griff

Das achte Studioalbum "Heilige Lieder" erscheint auf dem Bellaphon-Label und bringt die Onkelz erstmalig in die Top Ten

 

Die Presse von 1992, ein Höhepunkt schlechter Recherche und die Onkelz stürmen die Charts

Der neue Begriff "Rechtsrock", ein Medienphänomen von erlogener Größe. Die Böhsen Onkelz sind an allem schuld und Distanzierungen im TV Gonzo: "Dass Fremdenhass gestoppt werden muß, ist wohl allen klar, die noch einen vernünftigen Gedanken im Kopf haben!" aus "Action Club", Zeitschrift der Sparkasse 1822, Frankfurt, Jan/Feb. 1992 Im Jahre 1992 erreicht der Pressekrieg gegen die Böhsen Onkelz einen vorläufigen Höhepunkt. Die Berichterstattung nimmt immer groteskere Ausmaße an. Als sich im Frühjahr die "Live in Vienna"- Aufnahmen, als VHS-Verkaufsvideo und als Doppel- Live-Album sehr gut verkaufen und als die Veröffentlichung des Sommers '92, das achte Studioalbum "Heilige Lieder", ohne Werbung, ohne Radioairplay und ohne Videoclip von null auf Platz 5 der deutschen Media Control Charts schießt, bricht ein Sturm der Empörung los. Die Platte verkauft über 200.000 Einheiten in kürzester Zeit und erstmals wird der medienwirksame Begriff "Rechtsrock" unter die verängstigten Leser gebracht. In vielen Artikeln der Tagespresse wird den Onkelz die Schuld an den rechtsradikalen Übergriffen in Mölln, Solingen, Hoyerswerda, Hünxe u.a. zugewiesen. Man bezeichnet sie als die Speerspitze der Neonaziszene, nennt sie mit rechtsradikalen Fascho-Bands in einem Atemzug, obwohl diese Bands nicht mehr als 500 Platten verkaufen, und manche Journalisten sind sich nicht zu schade, Onkelztexte rückwärts abzuspielen und Buchstaben zu verdrehen, um versteckte faschistische Botschaften nachzuweisen. Bereits nach dem vorangegangenen Album 1991, hatte sich die Band dazu entschlossen, überhaupt keine Interviews mehr zu geben. Die Vorfälle in Deutschland allerdings zwingen die Böhsen Onkelz dazu, sich noch deutlicher zu erklären und so beginnt nun Stephan Weidner im Herbst des Jahres damit, im Wochentakt von einem Interviewtermin zum nächsten zu eilen.

 

Namensänderung

"Wie gesagt, ändert Euren Namen und wir verzeihen Euch alles"

Gleichzeitig erlangt die leidige "Raider heißt jetzt Twix"- Diskussion einen neuen Höhepunkt. Man legt der Band von allen Seiten nahe, sie solle ihren Namen ändern. Unter einem neuen Namen, würde man ihnen alles verzeihen. Lukrative Angebote werden der Band unterbreitet, sie solle auf englisch singen, solle sich jetzt die "lieben Tanten" o.ä. nennen und dann würde man wieder für Auftrittsmöglichkeiten sorgen und ihre Songs im Radio spielen. Die Band lehnt diese Angebote ab. Man ist sich einig, daß genau die Leute, die eine Namensänderung fordern, auch die Leute sind, die ihnen diese Namensänderung später vorwerfen würden. Stephan beteuert immer wieder, daß eine Änderung des Namens, nichts mit der Änderung einer Einstellung oder Geisteshaltung zu tun habe, daß er immer noch der gleiche Mensch sei und daß er lieber zu seinen begangenen Fehlern stehe und darüber spreche, als diesen einfachen Weg einzuschlagen. Die Reaktionen der Presse sind entsprechend. Die Schlagzeilen übertrumpfen sich fast täglich in immer absurderen Blutrünstigkeiten, wie z.B. "Tötet ihre Kinder, vergewaltigt ihre Frauen" (Leipziger Volkszeitung), "Neu-Isenburg zittert vor den Böhsen Onkelz" (Darmstädter Echo), "Stoppt die rechten Rocker" (Express), "Tarnung ist alles" (Tempo), "Der Fascho-Sound ist in!"(Pop Rocky). Die Bildzeitung weigert sich eine Anzeige der Onkelz gegen Ausländerhass zu schalten und bundesweit sorgen die Medien dafür, daß der Name "Böhse Onkelz" nun ein Synonym für rechtsradikale Musik zu sein scheint. Eine geplante Tour für den Herbst 92 kann nur unter erheblichem Gegendruck stattfinden, wobei mehr als die Hälfte der Konzerte abgesagt werden muß, da sich Statdverwaltungen und Landesregierungen einschalten und die Hallenpächter unter Druck setzen. Kleine CD-Läden, die die Alben der Böhsen Onkelz vertreiben, werden Opfer von Anschlägen der Antifa, ebenso werden Stadtplakatierer und Ticketverkäufer von Autonomen bedroht.

 

Covershooting zum Album "Heilige Lieder" Frankfurt 1992 v.l.n.r. Pe, Stephan, Gonzo, Kevin Foto: Mike Schraft

 

1993

Stephan bei MTV

Als Teilnehmer an einer Diskussion über Hate Rock, spricht Stephan, neben Campino, Jean Paul Gaultier und Nina Hagen in einer Folge der Reihe "Free your mind" auf MTV im Frühjahr 93.

 

Es gibt aber auch Onkelzbefürworter

Warum und wie man die Onkelz einsetzen sollte. Eine Chance, die nicht erkannt wird

Obwohl sich bereits namhafte Persönlichkeiten, wie Wolfgang Niedecken, Daniel Cohn-Bendit, Matthias Beltz, Klaus Farin oder Alice Schwarzer positiv über die Band äußern, obwohl sogar die FAZ darauf hinweist, daß es vielleicht klüger wäre, die Böhsen Onkelz als Tool, als Werkzeug also, einzusetzen, um so den nach Identität suchenden Jugendlichen ein positives Beispiel der Veränderung nahe zu bringen, reagiert die Musikindustrie und die Presse mit immer haarsträubenderen Hetzartikeln. Dass sogar der Spiegel die Band als Speerspitze der rechtsradikalen Musikszene darstellt und gleichzeitig ein falsches Foto veröffentlicht, soll als kleiner Nachweis für die skandalöse, schlampige Recherche genügen. Der Ausstieg der Band aus der Skinheadszene wird von den Medien plötzlich auf 1990-1992 verlegt, also als etwas gerade Stattgefundenes dargestellt, als etwas, das man nur aus finanziellen und marketingtechnischen Beweggründen hatte machen müssen. Die 92er LP "Heilige Lieder" wird als die gerade wegen Ausländerfeindlichkeit und Naziverherrlichung indizierte LP "der nette Mann" ausgegeben und überall wird mit falschen Fakten und dreisten Lügen Verwirrung gestiftet. Zum Jahreswechsel 92/93 hatte es vor der Frankfurter Festhalle ein großes Anti-Rechts-Festival gegeben, daß von den Konzertriesen Lieberberg und Rau veranstaltet wurde. Man hatte klugerweise vor dem Konzert auch die Onkelz eingeladen, die ohne zu zögern ihre Beteiligung versichert haben. Daraufhin haben Peter Maffay, Udo Lindenberg, Herbert Grönemeyer und andere ihren Auftritt abgesagt, mit der Begründung, daß sie sich nicht mit den Böhsen Onkelz auf eine Bühne stellen. Die logische Konsequenz der Veranstalter war daraufhin, die Onkelz wieder auszuladen und es später so darzustellen, als wenn man sie gar nicht erst eingeladen hätte. Unnötig zu erwähnen, daß die rechtsradikalen Übergriffe nach 1992 nicht weniger werden und daß die Neonazis sich von den stattfindenden Lichterketten unbeeindruckt zeigen.

 

Die Onkelz als professionelle, reife Band

Schwarz/Weiß - die Onkelz holen zum Doppelschlag aus und distanzieren sich auch in ihren Songs

Trotz der internen Schwierigkeiten innerhalb der Band, gehen die Böhsen Onkelz den eingeschlagenen Weg weiter. Diverse Fernsehinterviews machen die Einstellung der Band immer wieder deutlich, verändern aber nichts an der Einstellung der Öffentlichkeit gegenüber den Onkelz. Um ihren eigenen Standpunkt noch einmal ganz klar den Fans und den Medien vor Augen zu führen, veröffentlichen die Böhsen Onkelz im Herbst des Jahres bei Bellaphon zwei Alben. Eine Doppelveröffentlichung, die sofort bis auf den zehnten und elften Platz der Longplay Top 100 Media Control Charts klettert. Die beiden Konzeptalben "Schwarz" und "Weiß" sind sowohl inhaltlich, als auch musikalisch eines der reifesten Werke der Böhsen Onkelz. Auf dem weißen Album befindet sich auch der Song "Deutschland im Herbst", ein ganz klares Statement der Onkelz zur Thematik der ausländerfeindlichen Übergriffe.

 

Die Böhsen Onkelz in der Presse von 1993:

Gonzo: "Die Rechten hassen uns, weil wir uns nie gescheut haben, sie darauf hinzuweisen, dass sie bei uns nichts verloren haben. Im Gegenteil, ihre politischen Ansichten stehen im Gegensatz zu unseren. Es ist jedem BÖHSE-ONKELZ-Fan bekannt, dass die ONKELZ mit Rechtsradikalismus nichts zu tun haben. Rechtsradikale, sollten sich doch ein paar zu uns verirren, kommen in unsere Konzerte erst gar nicht hinein. Oder sie werden aus der Halle entfernt, sollten sie sich erst dort durch Parolen etc. zu erkennen geben." aus "Aschaffenburger Stadtzeitung", Januar 1993 Stephans Kommentar zu "Deutschland im Herbst" : "Die Vorfälle im letzten Jahr, Rostock, Mölln usw. sind an uns nicht spurlos vorbeigegangen. "Deutschland im Herbst" ist unsere Reaktion auf diese Ausschreitungen, und die Wortwahl zeigt deutlich, was wir davon halten: "Braune Scheiße", das sind diese Chaoten für mich, nicht mehr und nicht weniger." aus "Rock Hard" November 1993 Stephan: "Das ist eine Reaktion unsererseits auf die Vorfälle im letzten Herbst. Für mich ein sehr wichtiges Lied, weil wir uns ganz klar von diesen Leuten abgrenzen wollen, also deutlich machen wollen, dass wir nicht mit den Rechten sympathisieren." aus "Metal Hammer", November Herbst 1993 Stephan: "Gerade wir können den Kids im rechten Lager klarmachen, dass sie unrecht haben." aus "Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt", Oktober 1993 Als ein Skin dann doch noch eine Rauferei anfing, unterbrach der Chef-"Onkel" Stefan Weidner das Konzert, um ihn auszuschimpfen: "Ich hab genug Gewalt gehabt in meinem Leben. Keine Gewalt auf meinen Konzerten! Verpisst euch, ihr Störkraft-Wichser!" aus: "Taz", 19.10.1993 Nicht zuletzt deshalb, weil er ein für allemal klarstellen wolle, dass die BÖHSEN ONKELZ nicht mit den Rechten sympathisieren. "Allein die Tatsache, dass Tausende von Normalbürgern dabeigestanden und Beifall geklatscht haben, hat die Sache für mich sehr beängstigend gemacht." aus "Metal Hammer" Nov/Dez 1993 Stephan: "Wir sehen es einfach als unsere Pflicht an, denjenigen Fans, die mit einem Bein im rechten Lager stehen, zu zeigen, wo wir stehen: nämlich bestimmt nicht rechts!" aus: "Videothek" Nr.22, 24.11.1993 Stephan: "Mit der braunen Scheiße wollen wir nichts zu tun haben!" aus Musikexpress/Sounds, Dezember 1993

 

Der Onkelzvirus bricht aus

Schlechte Presse ist auch gute Presse - Die Onkelz werden zum Reizthema und zum pawlowschen Köder

Dass in einem solchen Klima die Onkelzfangemeinde nur immer weiter wächst und daß die Plattenverkäufe nun mit Leichtigkeit die 250.000er Marke überschreiten, erscheint da schon fast logisch. Immer mehr Jugendliche entdecken die Band für sich und sind bald hoffnungslos mit dem Onkelzvirus infiziert. Aber auch Schulbücher, Sozialarbeiter, Pfarrer, Lehrer und Uni-Professoren setzen sich mit der unangepaßten Straßenlyrik der Onkelz auseinander. Die Presselandschaft, die Musikindustrie und der Handel sind komplett gespalten. Zum einen machen viele Zeitschriften ihre lupenreine, politisch korrekte Einstellung an der Ablehnung der Onkelz fest, zum anderen gibt es zahlreiche Künstler und Musiker, die sich eine Imageaufwertung davon versprechen, in dem sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit die Onkelz als ihr Feindbild Nr. 1 bezeichnen. Innerhalb der Fangemeinde hat es sich schon lange herumgesprochen, daß es "schick" ist, sich als Onkelzfan zu outen, um somit einen möglichst hohen Provokationsfaktor zu erzielen. Noch nie hat eine Band in Deutschland die Meinungen so gespalten, die Fans und Kritiker so polarisiert und noch nie ist eine Musikband dermaßen als Mittel dümmlicher politischer Agitation mißbraucht worden.

 

Fotosession zur Doppelveröffentlichung "schwarz" & "weiss", Hennef 1993 v.l.n.r. Pe, Kevin, Gonzo, Stephan Foto: Mike Schraft

 

1994

Und noch mehr Distanzierungen

Die Onkelz sind sich ihrer Verantwortung mittlerweile längst bewußt und suchen einen neuen Partner in der Industrie

Im Jahr 1994 gönnen sich die Böhsen Onkelz eine Pause, was das Schreiben neuer Songs betrifft. Außer einer "Best of...", die Bellaphon im Alleingang veröffentlicht, ist kein neues Album geplant. Außerdem läuft der Vertrag mit der Frankfurter Plattenfirma aus und die Böhsen Onkelz wollen ihn nicht verlängern. Das heißt aber nicht, daß sie nur rumsitzen. Ganz im Gegenteil. Nach der, nur unter stärkstem Gegenwind durchgeführten '92er Tour und einigen Gigs im Jahre '93, touren die Onkelz im Jahre '94 durch die gesamte Republik und spielen ganze 35 Konzerte vor je 4-5000 Leuten. Stephan erklärt sich in Pressekonferenzen und macht eindeutige Ansagen von der Bühne. Aber auch der Tagespresse geben die Böhsen Onkelz einige Interviews: Frage: "Wie setzt sich Euer Publikum heutzutage zusammen?" Gonzo: "Es scheint komischerweise immer jünger zu werden. Auf keinen Fall - das haben die letzten Touren gezeigt - tauchen noch erkennbar Rechtsradikale auf. Diese Leute haben inzwischen geschnallt, dass wir nichts mit ihnen zu tun haben. Abgesehen davon geht unser Ordnungsdienst kompromisslos gegen Rechte vor." aus "Göttinger Tageblatt", 17.11.1994 Ansage Stephan (nachdem einige Konzertbesucher den Hitlergruß gezeigt hatten): "Wer noch einmal den Arm so ausstreckt, kriegt von mir persönlich was auf die Fresse! Unser Konzert ist kein Podium für Rechtsradikale!" aus "Mindener Tageblatt", 1.12.1994 Stephan: "Wir haben gleich nach der Maueröffnung beschlossen, erstmal nicht im Osten aufzutreten, obwohl wir viele Angebote bekamen. Aber wir wollten unseren Standpunkt gegen Rechts deutlich machen. Einige potentielle Veranstalter dort haben uns jedoch keine Chance gegeben, unseren Einfluss auf die Fans positiv auszunutzen. Das halten wir aber für unsere Pflicht, um - ohne schulmeisterlich zu sein - auch Leute zu erreichen, die vielleicht gar nicht mal rechts denken, sondern einfach aus Provokation irgendwas in der Art anstellen. Und denen wollen wir zeigen ?Jungs, das ist es nicht!?" Ausriß Tagesezeitung, ohne Quelle, Mai 1994 Im Juni wird ein Konzert in der Frankfurter Music Hall mitgeschnitten, um aus dem aufgenommenen Material ein Fanvideo für den neu gegründeten Böhse Onkelz Fanclub B.O.S.C. zu erstellen. Der Fanclub ist ein uneigennütziger Verein, dessen Mitgliederzahl auf 2000 Personen begrenzt ist. Während des Konzertes kommt es auch hier zu einem kleinen Zwischenfall, der, dank der Kameras für die Nachwelt erhalten bleibt.

 

Kevin entzieht

Nachdem Kevin von Krankenhaus...

...zu Krankenhaus gezogen ist und überall seine Drogensucht zu therapieren versucht hat, nimmt ihn Stephan mit zu sich nach Hause und sorgt dafür, daß er bei ihm im Keller entzieht. Kevin scheint die Heroin- und Alkoholsucht in den Griff zu bekommen, ist aber noch für geraume Zeit von Ersatzdrogen und codeinhaltigen Präparaten abhängig. Auch im Privatleben isoliert er sich zusehends.

 

Die Onkelz gehen zu Virgin Music

Die Band selbst hat jetzt einen professionellen Status erreicht. Das heißt, daß alle Bandmitglieder den Beruf des Musikers mit jeder nur erdenklichen Konsequenz gewählt haben und keine anderen Berufe mehr ausüben. Das wiederum beschert den Böhsen Onkelz einen neuen Vertrag bei der renommierten Plattenfirma Virgin Records aus München zum Jahresende '94.

 

1994 steht der Band das Wasser bis zum Hals. Fotosession Mühlheim. Foto: Edgar Herbst

 

1995

Virgin und die Onkelz

Die Musikindustrie boykottiert in großem Stil, Virgin gerät ins Kreuzfeuer

1995 erhalten die Onkelz für 250.000 verkaufte Exemplare der "Heilige Lieder" ihr erstes Gold. Ebenso schießt die aktuelle '95er Veröffentlichung auf dem Virgin Label ohne große Probleme von null auf sechs in den Top 100 Longplay der Media Control Charts. Der Handel ist gespalten, wie nie zuvor. Allen voran, die Ladenkette WOM (World of Music), die die Böhsen Onkelz massiv boykottieren und auch zum öffentlichen Boykott in der Branche aufrufen. WOM veröffentlicht in seinem WOM-Journal einen "offenen Brief" an Stephan Weidner, in dem die Geschäftsleitung der Band vorwirft, "aus den Sünden von einst" Kapital zu schlagen, ohne diese "Sünden" genauer zu beschreiben und nimmt der Band den Wandel ohne Namensänderung nicht ab. In den Chartregalen bei WOM werden alle Interpreten eine Position nach oben geschoben, damit es den Kunden nicht auffällt, daß es dort in den TOP TEN ein freies Feld gibt und man womöglich neugierig werden könnte. Udo Lange, Geschäftsführer von Virgin Records und angesehener Mann in der Branche, muß sich im Wochentakt in Radio- und Presseinterviews für seine Entscheidung rechtfertigen, die Böhsen Onkelz unter Vertrag genommen zu haben. "Schockierende Uninformiertheit", so bezeichnet er den allgemeinen Wissenstand der Musikindustrie bezüglich der Böhsen Onkelz. Pressekonferenzen und Händlerseminare werde gehalten, während derer Stephan und Gonzo wie die Kamele ihere eigene Historie erklären und wiederkäuen müssen. Das hindert die Presse nicht daran, die Band weiterhin als verruchte und berüchtigte "Nazi-Kombo" zu bezeichnen. Immer und immer wieder werden den Lesern die pawlowschen Köder "Türken raus" und "Deutschland den Deutschen" von 1983 vorgeworfen, ohne daß man sich auch nur ansatzweise mit der Bewußtwerdung der Band auseinandersetzt, oder ihre Songs analysiert. Bereits 1993 hatten die Böhsen Onkelz in Geiselwind ein "Rock gegen rechts" Konzert organisiert und dem dortigen Bürgermeister einen Scheck über 8000,--DM zur Ausgabe für die Jugendarbeit überreicht. In Bremen hatte man im Oktober '93, zusammen mit dem DGB und der grünen Abgeordneten Helga Trüpel eine Veranstaltung gegen rechte Gewalt organisiert, gesponsort und finanziert. Ebenso fließen Geld- und Sachspenden in den Kosovo. Alle diese Dinge werden nicht nur nicht erwähnt, sondern man macht sie vielmehr zum Teil der Gegenargumentation. Die Onkelz seien eine "hinterhältige Nazi-Band", die sich nur verstelle und die diese Dinge nur unter marketingtechnischen Gesichtspunkten mache, um dem Image des Underdog, der Unverstandenen zu entsprechen. Dass es in den Köpfen der Musiker ganz anders aussieht, und dass es der Band im Prinzip egal ist, was über sie geschrieben wird, machen die Songs aus dieser Zeit deutlich. Der Musiksender Viva drängelt und bettelt, um eine großangelegte Dokumentation im Viva-Jam Format in den Räumen des B.O. Management aufnehmen zu dürfen. Nach langem hin und her willigt die Band ein. Kameras werden aufgebaut, die Band und das Management werden interviewt. Intelligente Fragen und intelligente Antworten. Zwei Tage vor der Ausstrahlung entscheidet die Programmleitung, dass der Bericht zu positiv ist und kippt die Sendung. Wertvolle Informationen werden nicht gesendet. Wie sich später noch häufiger zeigen wird, scheint das eine gängige Praxis zu sein. Ein Open Air Konzert in der Waldbühne Nordheim bringt 8000 Onkelzfans zusammen. Grund genug für die Göttinger Presse von einem "Alt-Nazi-Treff" zu sprechen. Dieser und ähnliche Artikel sorgen dafür, daß die Onkelz von nun an mit ihren Anwälten gegen jede Redaktion vorgehen, die die Böhsen Onkelz als "Nazis" bezeichnet oder in irgend einer Weise schlampig recherchiert und somit die Band weiterhin in die rechte Ecke drängt.

 

Und noch mehr Statements der Onkelz

Frage: "Hattet ihr auf dieser Tour eigentlich noch Ärger mit Rechtsradikalen?" Stephan: "Ärger gab es so bei jedem zweiten, dritten Konzert. Da fielen versprenkelt ein paar Leute auf. Die wurden dann der Halle verwiesen. Wer sich schon vorher als Nazi zu erkennen gab, kam natürlich gar nicht erst rein. Ich weiß auch nicht, was in deren Köpfen vor sich ging, aber wer seine Tarnkappe runterließ, flog aus der Halle." aus: "Metal Hammer" März 1995 Stephan: "Die Motivation, die Songs zu schreiben, hatte allerdings nichts damit zu tun, dass wir nationalsozialistische Ideologien vertreten haben. Wenn ich die Songs heute gemacht hätte, würde ich die Sache auch komplett anders sehen und hätte für die ganze Aufregung vollstes Verständnis. Wenn man, nach allem, was in Mölln, Solingen, Rostock und sonst wo passiert ist, heute so einen Text schreiben würde, hätte ich dafür kein Verständnis und würde wahrscheinlich auch meine Konsequenzen daraus ziehen." aus "Metal Hammer", September 1995 Frage: "Sind denn Rockmusiker potentiell doch geistige Verführer, Kopfverdreher?" Stephan: "Diese geistige Verführung ist einfach eine Auflehnung gegen bestehende Dogmen, vor allem gegen diese Verlogenheit. In die Richtung will ich die Leute gerne verführen." Frage: "Schließen Sie aus, über das Faszinosum Rock füher auch rechtsradikales Gedankengut in Köpfe transportiert zu haben?" Stephan: "Ich kann behaupten, daß wir nie Interesse hatten an Nationalsozialismus, an Parteien, an Emblemen aus der Zeit von 1933 bis 1945. Hatten wir indirekt eine politische Aussage in unseren Texten, war uns die nicht so bewußt. Was wir besungen haben, war eigentlich eine ziemlich dumme Reflexion dessen, was uns widerfahren ist. Jeder wird anders groß, hat andere Erfahrungen. Manchmal sagt man etwas, daß man später bereut. Entwicklung muß einem zugestanden werden." aus "Berliner Zeitung" 12.10.1995 Frage: "Haben sich die ONKELZ gewandelt, auch wenn Ihr den Namen nicht geändert habt?" Gonzo: " Es hieß ja immer: "Die waren früher rechtsradikal und sollten ihren Namen ändern, um dieses Kapitel abzuschließen.? Für mich wäre eine Namensänderung auf jeden Fall ein Schuldeingeständnis. Weder waren wir früher rechtsradikal, noch waren wir für eine politische Partei unterwegs." Frage: "Ihr wollt also nur Beispiel sein und nicht führen?" Stephan: "Kein Mensch sollte irgendjemandem folgen, man soll ja auch nicht die Schwäche anderer ausnutzen, indem man sie irgendwo hinführt und für seine Ziele mißbraucht. Das einzige was wir zu bieten haben, ist, daß wir gnadenlos offen legen, was in uns vorgeht und den Kids zeigen, daß sie nicht alleine sind. Wir haben genug Schlägereien gehabt, um davon reden zu können." Frage: "Könnt Ihr wenigstens Ratschläge geben?" Stephan: "Sicherlich, denn wir haben natürlich erkannt, daß nicht derjenige, mit dem wir 'ne Schlägerei hatten, daran Schuld war, daß diese Schlägerei zustande gekommen ist. Das Problem steckt oft in einem selbst. Signalisiere ich Gewaltbereitschaft, werde ich auch Gewalt empfangen." aus "Siegener Zeitung", 14.10.1995 Stephan: "Nazis sind feige Schweine. Ich bin doch kein Adolf-Hitler-Fanatiker. Eine neue Diktatur brauchen wir bestimmt nicht!" Weidner-Statement mitte der 80er, nachzitiert in: "Taz", 17.10.1995 Stephan: "Da gibt es nix zu beschönigen: Wir waren ausländerfeindlich, aber das hatte nichts mit Politik zu tun. Irgendwann ist es müßig, sich 13 Jahre für diese kindische Scheiße von damals zu rechtfertigen. Und ich find' es beschissen, in einem Atemzug mit diesen kranken Solinger Idioten genannt zu werden." aus "Stern", 26.10.1995 Frage: "Viele wissen bis heute nicht, wodurch die ONKELZ seinerzeit ins Kreuzfeuer der Kritik geraten sind. Wie seht ihr selbst das?" Stephan: "Nun, wir haben Anfang der 80er Jahre als Punkband zwei Titel aufgenommen, die ausländerfeindliche Texte hatten. Die sind allerdings nie auf Platte erschienen, sondern haben nur als Demoband existiert. Zwischenzeitlich haben wir insgesamt neun Alben veröffentlicht, die "Altlast" Mitte der 80er auch in der deutschen Presse aufgearbeitet und dachten, wir wären damit aus dem Schneider. Als dann einige Jahre später die ausländerfeindlichen Krawalle losgingen, hat die Presse einfach die alten Titel genommen und in die 90er Jahre transportiert. Dass sich die Band um 180 Grad gewandelt hat und sich für die "Jugendsünden" mehrmals öffentlich entschuldigte, interessierte von da an keinen mehr." aus "Tiroler Tageszeitung", 31.10.1995 Stephan: "Überhaupt hat doch jeder extreme Nazi kapiert, dass wir ihm keinen Boden bieten. Klar, dass die uns jetzt als `linke Verräter` titulieren. Aber damit fühle ich mich wesentlich wohler, als wenn ich von denen Akzeptanz verspüren würde." aus "Musik Express/Sounds" November '95 Gonzo: "Vielleicht gelingt's uns in Zukunft, dass die ONKELZ nicht automatisch in einen Topf mit Rechtsradikalismus geworfen werden." aus "Break Out", November 1995 Frage: "Wie hat sich denn die rechte Szene deiner Meinung nach entwickelt?" Stephan: "Ich beobachte den Rechtsradikalismus aus der Distanz. Sicher gibt's im Untergrund genauso viel Nazis wie eh und je, nicht mehr und nicht weniger. Von Zeit zu Zeit machen diese Dummköpfe mit gewaltsamen Aktionen auf sich aufmerksam, und dann verschwinden sie wieder im Untergrund. Die paar Dummköpfe, die da draußen rumlaufen und irgendwelche Aktionen starten, sind nichts anderes als Handlanger, die nicht merken, dass sie für politische Zwecke eingespannt werden. Mir hat es schon damals an der Skinhead-Bewegung gestunken, dass irgendwann jede Scheiß-Nazipartei meinte, Skins für ihre Zwecke rekrutieren zu müssen - und damit bei einigen Vollidioten auch noch offenen Türen eingerannt hat. Diese Schlägertrupps müssen endlich aufwachen und etwas für ihren Scheißgrips tun." aus "Rock Hard" November '95 Frage: "Wie steht Ihr heute zu eurer Vergangenheit?" Stephan: "Keiner von uns hat Lust, für einen Haufen Rechtsradikale zu spielen. Wer Randale macht, fliegt raus. Für die rechtsextremen Neonazis sind wir längst zu linken Verrätern geworden, und das ist mir ganz recht so." aus "Badisches Tageblatt" Baden-Baden , 4.11.1995

 


 
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