Kikis Homepage
  böhse onkelz 2
 
da ist der zweite teil von der geschichte

1996

Die Berichterstattung über die Onkelz wird eher schlechter als besser und die Onkelz gehen gegen Rock o Rama und Metal Enterprises vor

Den einzelnen Interviews, in denen die Band unzensiert zu Wort kommt, stehen hunderte von Artikeln gegenüber, die sich des wieder entdeckten Instrumentariums der Gräuelpropaganda bedienen. Die gegen null tendierende Sachkenntnis der Journalisten, wird durch das Abbrennen rhetorischer Feuerwerke kaschiert und Recherchefaulheit wird durch bloße Behauptungen und haarsträubende Erfindungen ausgeglichen. 1996 ist die Diskussion um die Böhsen Onkelz soweit fortgeschritten, daß nur noch wenige Journalisten den Durchblick haben. Der Rest schreibt von einander ab und legt nur Wert darauf, sich nicht festzulegen zu müssen. Noch immer werden Namen, Zahlen, Daten und Fakten vertauscht, ohne, daß es jemanden stören würde. Die Prozesse gegen bestimmte Redaktionen häufen sich. Gleichzeitig laufen Gerichtsverfahren gegen Herbert Egoldt und Ingo Nowotny. Die Band will Egoldt endgültig die Kontrolle über die ersten drei Alben ("Der nette Mann", "Böse Menschen, böse Lieder" und "Mexico") entziehen, um sie vom Markt nehmen zu können. Egoldt wertet das Songmaterial seit 1984 aus, ohne jemals Lizenzen gezahlt zu haben. "Der nette Mann" das Debütalbum der Onkelz ist inzwischen, aufgrund des Verbotes der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften im Jahre 1986 zum absoluten "Kultalbum" geworden und selbst für Jugendliche unter 18 Jahren kinderleicht zu besorgen.

 

Die am meisten gebootlegte Band Deutschlands

Überall tauchen illegale Raubkopien der Böhsen Onkelz auf. Die Onkelz sind ein Verkaufsgarant

Des weiteren werden nun die Onkelzsongs gebootlegt. Illegale Live-Mitschnitte werden angefertigt, als Raubkopien über dunkle Kanäle vertrieben und auf Floh- und Straßenmärkten in der ganzen Republik verkauft. Die Anwälte haben alle Hände voll zu tun, die Bootlegger dingfest zu machen und den Markt auszutrocknen. Aber der Reiz des Verbotenen, des Anrüchigen, scheint dafür zu sorgen, daß es immer mehr Raubkopien gibt. Von 1996 an explodiert der Markt mit illegalen Onkelztonträgern und bis zum Jahre 2002 sind es über 700 verschiedene CD's in immer anderen Zusammenstellungen. Da es auch Bootlegs aus der rechten Szene gibt, ist es nicht verwunderlich, daß die zwei Titel "Türken raus" und "Deutschland den Deutschen" vom `83er Demo Tape, nun digital remastered auf diversen Bootlegs wieder auftauchen. Das wiederum sorgt bei der Bundesprüfstelle und beim Verfassungsschutz für totale Verwirrung. Hier weiß niemand so genau, was offiziell ist und was nicht, und plötzlich spricht man im Zusammenhang mit den Onkelz von mehr als 7 indizierten Tonträgern. Viel Arbeit für die Anwälte und viel Arbeit für die Presseabteilung des B.O. Managements hier den Überblick zu bewahren und Aufklärung zu leisten.

 

E.I.N.S - das zwölfte Studioalbum

Im Sommer/Herbst des Jahres 1996, kurz vor einer ausgedehnten Deutschland Tour, veröffentlichen die Böhsen Onkelz bei Virgin Records ihr mittlerweile zwölftes Studioalbum, das den Titel E.I.N.S. trägt. Obwohl der Titel einfach nur den Zusammenhalt der Musiker darstellen soll, was auch durch das Covermotiv unterstrichen wird, schließt die Presse daraus wieder etwas vollkommen anderes. Die Punkte zwischen den Buchstaben, so meinen manche Journalisten, zeige, daß es sich um eine Abkürzung handelt und schon findet jemand heraus, es hieße doch bestimmt: "Eigentlich immer noch Skins". Die Band kann über solche Entgleisungen und Klimmzüge inzwischen nur noch lachen und konzentriert sich auf die Tour im Herbst. E.I.N.S. verkauft sich über 400.000 mal in kürzester Zeit und steigt auf Platz 3 in den Longplay Charts der Media Control ein.

 

Tour 1996

Die Onkelz füllen mühelos die größten Hallen ohne Werbung

Die Tour führt durch 26 Städte und die größten Hallen werden mühelos gefüllt. Die Dortmunder Westfalenhalle, mit 15.500 Fans seit Monaten im Voraus ausverkauft, bildet den Rahmen für den zweiten Live-Mitschnitt nach Wien und die daraus entstehenden Produkte. Ein VHS-Video und ein Doppel Live-Album (Virgin Records) finden reißenden Absatz im Frühjahr 1997.

 

Weitere Distanzierungen 1996

Veränderung wird nicht anerkannt, Entwicklung wird nicht zugestanden

Auch 1996 äußert sich die Band in einigen Medien zu ihrer Vergangenheit, und zu ihrem Ausstieg aus der Skinheadszene, der mittlerweile 10 Jahre zurück liegt. Frage: "Ihre Vergangenheit wollen sie gar nicht verschweigen. Sie wollen sie aber auch nicht ständig vorgehalten bekommen." Stephan: "Ich frage mich manchmal, wie viel Scheiß diese Leute selbst mal in ihrer Jugend gebaut haben. Sie haben nur keine Lieder geschrieben, die auf Tonträgern festgehalten wurden. Wir versuchen ja, offen damit umzugehen, indem wir sagen: "Klar, so und so sah das aus, wir stehen dazu. Wir stehen aber auch zu der Veränderung, die wir seither durchgemacht haben. Ich muss doch auch einem Typ, der im Knast war, die Möglichkeit geben, sich zu resozialisieren. Das kann ja ein guter Mensch sein, der in einem Anfall geistiger Umnachtung sonst was gemacht hat. Damit will ich nicht alles entschuldigen - so ist das nicht. Ich habe aber auch aus den Fehlern, die wir damals gemacht haben, eine Menge gelernt. Gerade von linker Seite wird immer so getan, als hätten sie die Moral für sich gepachtet, als wären sie auf der richtigen Seite - und vom rein theoretischen Aspekt her will ich denen ja gar nicht Unrecht geben, denn mir ist Faschismus absolut zuwider, und ihn zu bekämpfen ist eine absolut wichtige Sachen. Dann aber mit faschistischen Mitteln zu kämpfen, das lehne ich ab." aus "Feedback" Nr. 30. Ausgabe, Oktober/November 1996 Frage: "Habt ihr euch ganz von der rechten Szene distanziert?" Stephan: "Wir waren noch nie in der rechten Szene. Es heißt immer, wenn du Skinhead bist, bist du gleich der rechten Szene zugehörig. Natürlich ist es aufgrund dessen, was in all den letzten Jahren vorgefallen ist, sehr leicht möglich, das zu denken. Von daher nehme ich es den Leuten nicht übel, wenn sie mit diesem Argument kommen. Aber nur aufgrund dessen, dass wir mal ein paar Äußerungen gemacht haben und einer gewissen Szene zugehörig waren - ich rede jetzt von der Skinheadszene - die damals nicht gleich rechts bedeutete, werden wir als "rechts" abgestempelt. aus "Deister- und Weserzeitung", 26.10.1996 "7000 Fans beim Konzert der "BÖHSEN ONKELZ" - so richtig böse war aber keiner. Einzige Ausnahme, der rechte Salon-Löwe Torsten Lemmer. Der ehemalige Geschäftsführer der FWG Düsseldorf hatte vollmundig das Erscheinen des gesamten "Gau Rheinland" angekündigt. Er selber musste allerdings draußen bleiben. Thomas Heß, Tour-Manager der "ONKELZ" hatte den Steckbrief des Düsseldorfers an den Sicherheitsdienst verteilen lassen: "Dieser Mann bleibt draußen. Solche rechten Spinner brauchen wir nicht." aus "Express" Düsseldorf, 22.11.1996 Vielleicht sollte gerade hier an dieser Stelle erwähnt werden, daß der Düsseldorfer Express gerne, viel, und häufig über Thorsten Lemmer berichtete, ganz so, als wäre es wirklich eine Meldung wert, was dieser Lemmer gerade wieder anstellte. Der Düsseldorfer Express verpasste auch keine Gelegenheit diesen Düsseldorfer Freizeit-Demagogen ständig mit den Onkelz in einem Atemzug zu nennen. Tatsache war aber, daß Thorsten Lemmer und seine ganze rechte Entourage die Band nicht interessierte.

 

Auf der Dachterrasse im Frankfurter Nordend. Fotosession Frankfurt 1996. Foto: Dirk Zumpe

 

1997

Kein Airplay, keine Videoclips, schlechte Presse und trotzdem in den Charts

Seit zehn Jahren ist die Band nun in der rechten Szene als "Verräter", "Motherfucker" und "linke Zecken" verrufen, während die linke Szene sie als "Nazischweine" bezeichnet. Seit zehn Jahren, weigert sich die Presse, die Bewußtwerdung der Böhsen Onkelz anzuerkennen. Eine Clownerie, die in der Musikgeschichte der Bundesrepublik ohne Beispiel ist. Seit siebzehn Jahren werden die Alben der Böhsen Onkelz nicht im Radio gespielt oder im Fernsehen durch Viedoclips beworben und seit siebzehn Jahren wächst ihre Fangemeinschaft beständig an. Das "Live in Dortmund"- Video führt wochenlang die Videocharts an und das dazugehörige Doppel-Live Album verkauft über 300.000 Einheiten und steigt bis auf Platz 6 der LongPlay Top 100. Nie zuvor hat es eine Band gegeben, die die deutsche Musikszene und den Handel in einer solchen Form durcheinander gebracht, die so viele unterschiedliche Meinungen provoziert hat. Böhse Onkelz Konzerte müssen kaum beworben werden und sind Monate im Voraus ausverkauft. Tonträger verkaufen sich in rasender Geschwindigkeit und stoßen regelmäßig in die Top Ten vor. Eine goldene Schallplatte für 250.000 verkaufte Einheiten ist längst nichts Besonderes mehr. Dennoch empfinden die Böhsen Onkelz es als enervierend und unverständlich, daß gerade die Öffentlichkeit, die sich zunehmend gegen rechte Gewalt zu organisieren versucht, nicht versteht, daß sie mit den Onkelz ein unglaublich wirksames Tool in der Hand haben könnte, um auf gefährdete Jugendliche einzuwirken. Gerade die Auseinandersetzung mit fremden Inhalten sind die Grundlagen demokratischer Prozesse, die in Deutschland den Jugendlichen jedoch nicht vorgelebt, sondern blanco von ihnen eingefordert werden.

 

Die Onkelz veröffentlichen ihre Biographie

Um den Gerüchten und Spekulationen über die Böhsen Onkelz ein für allemal den Boden zu entziehen, entscheidet sich die Band zur Veröffentlichung ihrer Biographie. Edmund Hartsch, ein Freund der Band, arbeitet in einer zwei-einhalbjährigen Schreibphase die siebzehn Jahre Bandgeschichte auf und veröffentlicht beim B.O. Management das Buch unter dem Titel "Danke für nichts" im Oktober 1997. Bis heute hat sich das Buch über 60.000 mal verkauft und gilt unter den Fans und interessierten Kritikern als das Standardwerk zum Thema. Auf 270 großformatigen Seiten und über 400 Abbildungen, wird der Weg der Band bis in das kleinste Detail nachgezeichnet und beleuchtet. Schonungslos wird hier die komplette Historie der Band aufgezeigt, Elternhaus, Jugend und Subkultur in Frankfurt, Kevins Drogensucht und der nie-endende Pressekrieg. Zu einer wirklichen Entspannung des Reizthemas "Böhse Onkelz" konnte das Buch allerdings nicht beitragen, weil es von den meisten Journalisten ungelesen blieb.

 

Provokateure bei Konzerten fliegen raus

Wie sich die Band auf der Bühne verhält und was tun bei Störungen?

"Heute findet das Konzert in einer ungeheizten Messehalle statt. Alle frieren sich beim Aufbau und backstage den Arsch ab. Die Story des Tages liefert Tourleiter Thomas Hess, der zwei Skins, die Ärger machen, nackt aus der Halle jagt." "Bei den ONKELZ kommt die Security heute ordentlich ins Schwitzen: Dauernd müssen Mädchen aus den ersten Reihen gezogen und den Rot-Kreuzlern übergeben werden. Darüber hinaus darf die Crew einige Skins (die mit den weißen Schnürsenkeln) raus schmeißen, weil sie ihren rechten Arm nicht unter Kontrolle haben - ein Problem, das bei den österreichischen Gigs im Gegensatz zu den deutschen immer wieder auftaucht. Gitarrist Gonzo platzt der Kragen, als ein Idiot in der ersten Reihe den Arm zum Hitlergruß hebt. Er springt in den Absperrgraben und schlägt dem Kerl kurzerhand seine Gitarre ins Gesicht. Hart, aber gerecht." aus "Rock Hard", 1/97, Tourtagebuch der 96er Tour Frage: "Du meintest, dass das Publikum im Osten noch nicht soweit ist. Diese Tour habt ihr nun doch in Schwerin gespielt. Ich war da und muss sagen, es war wirklich ziemlich scheiße. Werdet ihr auf der nächsten Tour die Neufünfländer wieder auslassen?" Stephan: "Das ist schwer zu sagen. Wir haben uns auch selbst geärgert, dass wir uns von denen haben provozieren lassen und ich glaube das ist genau das, was die Leute erreichen wollen. Aber auch jedes solcher Konzerte zeigt doch auch mal wieder, wie hart wir bei solchen Leuten durchgreifen und schreckt vielleicht das nächste Mal den einen oder anderen ab." aus "Bodystyler", Jan./Febr. 1997 Stephan: "Die Reps sind leider nicht die ersten, die die ONKELZ für ihre Zwecke missbrauchen, und da kann man natürlich nicht tatenlos zuschaun - zumal einige Leute ja auf die Idee kommen könnten, wir würden solche Veranstaltungen befürworten oder uns mit solchen Parteien solidarisieren. Wir haben keinen Bock, uns vor irgendeinen politischen Karren spannen zu lassen - und schon gar nicht vor einen rechten." aus "RockHard" 5/97, Statement zum Verbot der Rep-Veranstaltung "ONKELZ&Rave" Stephan: "Wir beobachten von der Bühne ganz genau, was sich im Publikum abspielt. Randalierer oder Leute, die rechtsradikale Gesten machten, werden von den Ordnern nach draußen befördert. Früher kam es schon mal vor, dass ich selber Hand anlegen musste, wenn jemand blöd wurde. Solche Leute haben bei uns nichts zu suchen, das sagen wir dem Publikum immer wieder." aus "MetalHammer" 9/97 Frage: "Dubiose "Republikaner-Parties", wo ohne euer Wissen - geschweige denn euer Einverständnis - mit dem Namen BÖHSE ONKELZ geworben wird, sind hoffentlich Einzelfälle, oder?" Stephan: "Ja, zum Glück. So was ärgert uns natürlich, aber man kann wenig dagegen tun. Im rechten Untergrund wird unser Name immer noch missbraucht, und wir hatten erst kürzlich wieder eine bandinterne Diskussion, wo es um dieses Thema ging. Wir haben schon das Gefühl, da noch mehr machen zu müssen, denn scheinbar lassen wir irgendwelchen rechten Vollidioten immer noch genügend Freiräume. Die finden immer noch Nischen, die es ihnen ermöglichen, Songtexte oder Aussagen von uns für sich auszulegen. Du wirst diese Idioten einfach nicht komplett los." Frage: "Diesen Eindruck hatte ich bei euren letzten beiden Konzerten in Dortmund, es gab auch offensichtliche Versuche von rechter Seite, das ganze zu unterwandern." Stephan: "Wir wissen, dass es immer noch Leute gibt, die uns politisieren und für sich auszunutzen versuchen. Ein ganz bestimmter Wichser aus der rechten Szene macht uns zum Beispiel immer wieder Ärger und brüstet sich sogar damit, demnächst eine Biographie über uns schreiben zu wollen." (Anm. Hier ist Thorsten Lemmer gemeint) Frage: "Inwieweit betrifft dich so was überhaupt? Hakst du das für dich ab, weil du wenig dagegen tun kannst?" Stephan: "Solche Sachen sind mir bestimmt nicht egal - aber ich kann auch nicht die Verantwortung für alle Vollidioten dieser Welt übernehmen - Terror in U-Bahnen oder ähnliches gibt es nach anderen Rockkonzerten auch - und was willst du als Musiker dagegen unternehmen? Wir haben uns ständig zu diesem Thema geäußert, wir haben es lang und breit jedem erklärt, und mittlerweile müsste auch der letzte Depp kapiert haben, dass die ONKELZ nicht mit irgendwelchen Faschos sympathisieren. Wir machen das auf unseren Konzerten sehr deutlich und werfen Nazis raus, wenn sie uns irgendwie auffallen." Frage: "Ich weiß natürlich, dass `Bomberpilot` an sich ein politisch wertfreier Song ist, und du hast ja auch eine entsprechende Ansage dazu gemacht, aber `Deutschland im Herbst` hätte ein klareres Zeichen gesetzt." Stephan: "Dass irgendwelche Hohlköpfe `Bomberpilot` für sich interpretieren oder falsch verstehen, dafür kann ich nichts." Frage: "Ihr habt ja auf der letzten Tour erstmals auch im Osten gespielt. Welche Erfahrungen habt ihr da gemacht?" Stephan: "Ziemlich durchwachsene. Das örtliche Publikum beim ersten Konzert war völlige ok, aber es waren Fascho-Glatzen aus Berlin da, die irgendwie in die Halle gekommen sind und da natürlich extrem negativ auffielen. Fast hätten wir das Konzert vorzeitig abbrechen müssen. Wir haben die Faschos dann rausgeschmissen, wobei die Sache etwas eskaliert ist. Aber das Publikum hat von sich aus "Nazis raus!" gerufen, als die Chaoten aus der Halle befördert wurden." aus "RockHard", 9/97 Frage: "Warum habt ihr später ins Skinhead-Lager gewechselt?" Gonzo: "Der Punk wurde zum Establishment. Die Rebellion hatte an Kraft verloren, also haben wir etwas Neues gesucht, mit dem wir provozieren konnten." Stephan: "Das war damals noch eine unpolitische, gemischte Szene." Frage: "Ende 1985 begann der Ausstieg aus der Skin-Szene. War es schwer da raus zukommen?" Kevin: "Es war eine Phase, die Zeit brauchte. Im Kopf musste sich nichts ändern, weil nichts abzulegen war." Stephan: "Niemand von uns musste eine braune Uniform ausziehen, weil wir sie nie anhatten. Es gab ein Schlüsselerlebnis: Wir besuchten den Auftritt einer befreundeten Band in Berlin. Zwischen den Songs haben die Zuschauer nichts anderes gerufen als "Ausländer raus!". Wenn es das bedeutete, ein Skinhead zu sein, hatten wir keinen Bock mehr drauf." aus "Metal Hammer", 12/97 Stephan: "Und da haben wir gesagt, wir können zu diesem Thema (Rostock, Moelln) nicht mehr schweigen, sondern müssen jetzt an die Öffentlichkeit gehen und müssen uns dazu äußern. Vor allen Dingen, damit uns unsere Fans nicht falsch verstehen und nicht denken, wir würden tatsächlich so etwas tolerieren bzw. könnten uns mit so etwas identifizieren." aus "Break Out", zum B.O. Interviewboykott von 1991, Dezember ´97 / Jan. ´98

 

Fotosession, Frankfurt 1997 v.l.n.r. Pe, Kevin, Stephan, Gonzo Foto: Berndt Bodtländer

 

1998

Was bedeutet eigentlich "Matapalo"?

Die Presse ist 1998 genauso ahnungslos wie immer

1998 geht die Onkelzdiskussion munter weiter. Stephan, der sich inzwischen ein kleines Grundstück in Mittelamerika gekauft hat und dort zum surfen hinfliegt, schreibt ein surf-gitarren-inspiriertes friedliches Instrumental Stück mit dem Titel "Matapalo". Daß dieser spanische Name für die südamerikanische Würgefeige steht und daß es in Süd- und Mittelamerika viele Strände gibt, die so heißen, weiß die Presse allerdings nicht. Also kramen mehrere Journalisten, allen voran die dpa, ihren Langenscheidt heraus und siehe da: "matar" bedeutet töten und ein "palo" ist eine Latte, ein Kantholz oder eben ein Baum. Schon wird das friedliche Stück über die Würgefeige, über "den Baum der tötet" = "Matapalo" mit "Totschläger" übersetzt und schon werden die Musiker als "in die Jahre gekommene Plattenmillionäre mit Großgrundbesitz in Spanien" bezeichnet. Dieser eher lustige Ausrutscher der uninformierten Presse ist jedoch nur ein kleiner Zwischenfall im bizarren Gesamtbild der Medienlandschaft.

 

Zum ersten Mal auf Platz 1. der Charts

Mit "Viva los Tioz" toppen die Onkelz ihre Karriere und beziehen erneut musikalisch Stellung.

Als die Böhsen Onkelz im Herbst ihr dreizehntes Studioalbum "Viva los Tioz" veröffentlichen, platzt der Knoten. Die Scheibe verkauft über 300.000 Einheiten in den ersten 48 Stunden nach der Veröffentlichung und steigt von null auf Platz 1 in den Media Control Top 100 Longplay Charts ein. Ebenso steigt die Single "Terpentin" auf Platz 7 der Single Charts ein. Unangenehm für Radio- und Fernsehsender wie Viva und MTV, die in ihrer Chartshow keinen Nr. 1 Clip zeigen können, und sich mit unzulänglichen Anti-Onkelzstatements aus der Affaire zu ziehen versuchen. Unangenehm auch für große Ladenketten wie WOM, die ihre Chartregale erneut umsortieren müssen. Die Musikindustrie ist empört und verärgert, nicht nur über die 1 in den Charts, sondern auch darüber, daß die Onkelz aufgrund der hohen Verkaufszahlen für den "Echo" in der Sparte "beste Rockband national" nominiert werden. Ist die Nominierung noch von den Verkaufszahlen abhängig, so ist die Verleihung des Preises eine reine Sympathieangelegenheit und von daher, geben sich die Onkelz keinen Illusionen hin, daß sie den Preis jemals erhalten werden. Für den Fall einer unerwarteten Verleihung jedoch, entscheidet man sich bandintern bereits im Vorfeld für eine Ablehnung des Preises. Die 98er Tour, seit mehr als einem halben Jahr im Voraus ausverkauft, führt die Onkelz mit 26 Konzerten durch Deutschland und Österreich. Erstmals spielen sie auch in Bozen und Straßbourg. Besondere Erwähnung sollte hier der Song "Ohne mich" vom neuen Album finden, in dem sich die Band deutlich gegen die Diffamierungen von links und rechts äußert.

 

Pressestimmen im Jahre 1998, die für sich sprechen

Frage: "Ihr wart ca. 3 1/2 Jahre Skinheads. Was hat euch bewegt, die Szene 1986 endgültig zu verlassen?" Gonzo: "Genau dasselbe, was mit dem Punk passierte, wiederholte sich bei den Skins. Kommerz ohne Ende, diese Schuhe sind "in", diese Schuhe "out", usw... Außerdem haben damals viele rechte Parteien versucht, die Skins in ihr Lager zu ziehen, bei vielen erfolglos, aber eine neue Generation wuchs nach und wandte sich den Rechten zu. Wir hatten darauf keinen Bock." Frage: "1991 habt ihr auf euren Konzerten Flyer verteilt und im Booklet eurer CD "Wir ham' noch lange nicht genug" einen eindeutigen Kommentar zu eurer Einstellung gegeben. Was hat euch dazu veranlasst?" Gonzo: "Unser Bild in der Öffentlichkeit zum einen. Aber noch mehr Anlass waren die Rechten, die versuchten, uns vor ihren Karren zu spannen." aus "Spektrum", Schülerzeitung am Inda-Gymnasium, Aachen, Sommer '98 Frage: "Auf der neuen Scheibe ist ein textlich sehr interessantes Stück "Ohne mich", in dem Ihr Euch auch erstmals in einem Stück sowohl gegen rechte als auch linke Anfeindungen wendet." Stephan: "Es geht hier nicht um Linke im Allgemeinen, sondern um Linksextreme. Und da in erster Linie um die Antifa, die uns mehrfach extrem denunziert hat. Prinzipiell finde ich eine rechte Strömung beschissener als eine linke. Ich kann mich zumindest mit der linken Seite mehr anfreunden." Frage: "Ihr habt ja das Problem, dass Ihr trotz eindeutiger Ansagen Euer Fascho-Potential nicht so ganz loswerdet. Wie erklärt Ihr Euch, dass trotz konsequenter Stellungnahme diese Leute nach wie vor auf Euren Konzerten präsent sind?" Stephan: "Glücklicherweise können wir festhalten, dass das ein verschwindend geringer Teil ist. Ich gebe dir natürlich Recht, dass diese Leute auf den Plan gerufen werden. Genau erklären kann ich es mir nicht - ich denke, wir haben uns mehr als einmal klar zu diesem Thema geäußert und Stellung bezogen. Ich glaube, es ist dem letzten Idioten eigentlich klar, dass wir mit solchen Sachen nicht konform gehen. Nichtsdestotrotz kannst Du den Leuten, solange sie sich nicht eindeutig als Rechte zu erkennen geben, sprich durch Embleme, T-Shirts oder auch den Hitlergruß, ja nicht sagen: 'Du bist ein Fascho' Wir kennen die Leute hier ja nicht. Wir müssen darauf achten, dass solche Leute, die sich zu erkennen geben, nicht rein gelassen werden." aus "Hempels Straßenmagazin", Kiel, Oktober '98 Frage: "Eure rechtsradikale Vergangenheit bleibt an euch haften..." Stephan: "Wir sind jetzt Mitte Dreißig und das ganze liegt so weit hinter uns. Wir waren damals noch jung und dumm und haben uns keine Gedanken über irgendwelche Ideologien gemacht." Frage: "Habt Ihr nach wie vor die Art von Nationalstolz, den Ihr zum Beispiel in "Deutschland" von 1984 zum Ausdruck bringt?" Stephan: "Heute sind wir nur noch Patrioten, wenn Fußball gespielt wird. Leute, denen die Identifikation fehlt, verstecken sich hinter Nationalstolz. Wir wollen die Fans durch unsere Musik vereinen, ihnen eine andere Identifikation anbieten." aus "HNA Sonntagszeit", 18.10.98 Frage: "Textlich am interessantesten finde ich "Ohne mich", ein Lied über die Anfeindungen aus dem rechten und linken Lager..." Stephan: "Da muss man ein bisschen differenzieren, denn es geht hier nicht um Linke im allgemeinen, sondern um Linksextreme, speziell die Antifa. Es geht hier auch nicht darum, einen anti-faschistischen Kampf negativ zu bewerten, da ich einen solchen für absolut nötig halte." Frage: "Was kotzt Dich mehr an, Anfeindungen aus dem rechten oder dem linken Lager?" Stephan: "Prinzipiell finde ich 'ne rechte Strömung beschissener als eine linke, mit der ich mich dann doch mehr anfreunden kann. Die Argumente der rechten sind halt ziemlich doof." aus "Animalize", Okt./Nov. '98

 

Noch ein Interview, das nicht gesendet wurde

Inzwischen hat es sich zur gängigen Praxis entwickelt, Interviews, die die Band in einem guten und intelligenten Licht darstellen, einfach nicht zu senden.

Auch der Berliner Radiosender "Radio Fritz" schickt einen Redakteur, dem Stephan in der Lobby des Pelikan-Sheraton Hotels in Hannover nachts um 01:00 Uhr zwei Stunden lang Rede und Antwort steht. Der Redakteur Aditia Sharma stellt sehr intelligente Fragen und erhält von Stephan sehr intelligente Antworten. Warum das Interview nie veröffentlicht wird, soll bis zur nächsten Tour im Jahr 2000 ein Rätsel bleiben

 

Und wieder mal MTV

Angelockt durch den ersten Platz in den Charts, schnüffelt MTV hinter der Bühne herum.

Aufgrund der hohen Verkäufe, ohne jede Werbung und aufgrund der ständigen Präsenz in der Presse, und der sensationellen Chartplatzierungen meldet sich im Laufe der '98er Tour, der Fernsehsender MTV erneut bei den Onkelz. Die sporadische Zusammenarbeit mit dem Sender geht bis 1994 zurück, als es mehrere Treffen mit Steve Blame gegeben hat. MTV wünscht sich einen Videoclip, den sie in ihrer Chartshow zeigen können. Stephan gibt ein längeres Interview, das für die Sendung "News Bulletin" zusammen geschnitten wird. MTV beteuert, daß, wenn es ein Video gäbe, sie es sofort zeigen würden. Die Onkelz bleiben skeptisch und entschließen sich nichts zu überstürzen.

 

 

Fotosession, Amsterdam 1998 v.l.n.r. Gonzo, Pe, Kevin, Stephan Foto: Guerdian van der Luigt

 

1999

Eine kurze Ruhephase

Stephan spricht bei "Pop 2000", aber Grönemeyer versteht es immer noch nicht

Im Jahr 1999 gönnen sich die Onkelz eine kleine Pause und veröffentlichen keine neuen Platten. Die Medien verschnaufen ebenfalls und für eine kurze Zeit ist es ruhig. Bis zum Ende des Jahres hört man nichts von den Onkelz, die nun ihre Wohnsitze nach Irland verlegt haben und zwischen Deutschland, Irland, Mittelamerika und Spanien hin-und herreisen. Erst im Herbst, als die ARD ihre umfangreiche und sehr gut recherchierte, 12-teilige Dokumentation "Pop 2000" ausstrahlt, sieht man Stephan und andere Künstler im Interview Stellung beziehen. Grönemeyer spricht von "Etikettenschwindel" und fordert eine Namensänderung, merkt allerdings nicht, daß genau das Geforderte einem "Etikettenschwindel" gleich käme. "Raider heißt jetzt Twix", der gleiche Schokoriegel, aber ein anderes Etikett. DJ-Legende Sven Väth, langjähriger Freund von Stephan Weidner, fordert mehr Akzeptanz für Leute, die sich ändern möchten und Stephan spricht über Stolz. Frage: "Drohen Sie immer noch mit einem persönlichen Schlag in die Fresse, wenn ein Konzertbesucher die Hand zum Hitlergruß hebt?" Stephan: "Unsere Konzerte sind keine politischen Veranstaltungen. Wir lassen uns nicht von einer Horde Faschisten unsere Konzerte versauen. Also reagieren wir." aus "BILD" Düsseldorf/Köln, 15.05.1999 Stephan: "Wichtig ist für uns nur, dass unsere Fans wissen, wo's lang geht, dass wir nicht mit rechten Ideologien sympathisieren. Von linker Seite wird immer so getan, als hätten sie die Moral gepachtet und wären auf der richtigen Seite - und vom rein theoretischen Aspekt her will ich denen ja gar nicht unrecht geben, denn mir ist Faschismus absolut zuwider und ihn zu bekämpfen, ist absolut wichtig." aus "Mannheimer Morgen", 01.07.1999

 

Der erste Videoclip "Dunkler Ort"

Künstlerischer Anspruch ist inzwischen wichtig und H.R. Giger's dunkle Visionen kommen da gerade recht.

Im Dezember entschließen sich die Onkelz auf ihrem neugegründeten eigenen Label "rule23 recordings", einen neuen Song als Single auszukoppeln und ihn in einem Video visuell umzusetzen. Der Song heißt "Dunkler Ort" und das Drehbuch zum Videoclip stammt von Axel Glittenberg und Edmund Hartsch. Um den "Dunklen Ort" passend in Szene zu setzen engagiert man den weltbekannten schweizer Surrealisten und Oscar-Preisträger H.R. Giger. Da sich nur wenige kompetente Clip-Regisseure bereit erklären, mit den Böhsen Onkelz zusammen zu arbeiten, geht dieser Auftrag an den in München lebenden, schwedischen Clip-Regisseur Fred Gun. Gun erfährt zum ersten mal in der Clip-Branche, was es heißt, wenn man mit den Onkelz zusammenarbeitet und stellt sich dem Gegenwind, der ihm von Seiten der Musikindustrie entgegenbläst. Er holt den amerikanischen Kameramann Roger Pistol aus L.A. und den Set-Designer Phil Goodwin mit ins Boot. H.R. Giger, aufgrund seiner düsteren Zukunftsvisionen ebenfalls von vielen Leuten verleumdet, und gerade in der Schweiz sehr verhasst, erweist sich als starker Rückhalt, als er kurzerhand sein komplettes Museum in La Gruyère zur Verfügung stellt. Die Dreharbeiten in der Schweiz und in Berlin werden von Axel Glittenberg auf Video und Super 8 festgehalten, um später ein "Making of... " zu erstellen und um die Arbeit zu dokumentieren. Der fertige Clip wird als Multimediatrack auf die Single gepresst und das fertige Produkt steigt von null auf 2 in die Charts ein. Zum ersten Mal haben die Onkelz, die eigentlich eher als "Live-" und als "Album Act" gehandelt werden, eine Single in den Top Five. MTV zeigt den Clip nur während seiner Chartshow und auch nicht ohne entsprechende negative An- und Abmoderation. Viva dagegen erhält von den Onkelz und ihrem Management keine Kopie des Clips.

 

2000

Das böse Märchen geht weiter...

Trotz des neuen sensationellen Chartentrys, hält der Boykott der Industrie an. Die Konzerte sind dennoch ausverkauft.

Der im März auf rule23 erscheinende 14. Longplayer "Ein böses Märchen aus tausend finsteren Nächten" verkauft in weniger als 48 Stunden über 370.000 Einheiten und steigt von null auf 1 in den Charts ein. Wiederum geht ein lautes Stöhnen durch den Äther der Radiostationen und Medienlandschaften. Die Radiosender boykottieren in ihrer Gesamtheit die Veröffentlichung. Nur eine Handvoll Sender sind bereit, einige Songs vom neuen Album zu spielen. Eine ausverkaufte Tour im Sommer mit mehr als 130.000 Besuchern führt die Onkelz zum Abschlußkonzert seit langer Zeit zum ersten Mal wieder nach Berlin, wo sie in der ausverkauften Waldbühne vor 22.000 Zuschauern einen furiosen Gig spielen.

 

Onkelz im Radio? Onkelz auf DVD?

Die ewige "Onkelzdiskussion" ist immer gut für Hörerquoten, auch wenn sie keinen Millimeter vorankommt. Die Onkelz gehen neue Wege in der Video Produktion. MTV will's jetzt endlich wissen. Kevin schwer verletzt.

In München gibt Stephan ein langes Interview an Alexander Adolph von der "Zeit". Auch dieses Interview, daß der Redaktion der "Zeit" zu positiv erschienen sein mochte, wird niemals veröffentlicht. Aditia Sharma von Radio Fritz Berlin lädt Stephan vor dem Gig in Berlin zu einer drei Stunden Live Sendung in die Sendegebäude nach Potsdam ein. Geplant war ein lockeres Gespräch mit den Zuhörern. 5 Minuten vor der Sendung wird plötzlich klar, daß Aditia Sharma auch einen Sozialarbeiter aus Brandenburg eingeladen hat und daß Stephan plötzlich über die Hörgewohnheiten rechtsradikaler Jugendlicher im Osten debattieren soll. Die Live Sendung droht zu kippen, als Stephan sich weigert "über so eine gequirlte Scheiße" zu sprechen. Man einigt sich darauf, mit der Sendung anzufangen und 3 Stunden lang kommen weder Aditia Sharma noch der eingeladene Sozialarbeiter zu Wort, da in Berlin scheinbar nur Onkelzfans ein Telefon besitzen. Ebenfalls wird klar, daß Radio Fritz noch nie einen Onkelzsong vor der Sendung gespielt hat und daß Radio Fritz auch nach der Sendung niemals einen Onkelzsong spielen wird, sondern, daß die ganze Sendung nur dazu dient, im Rahmen des geplanten Konzertes eine Menge Hörer auf den Kanal zu ziehen. Die Zusammenarbeit mit dem Radio Sender wird wieder eingestellt, ehe sie richtig begonnen hat. Das Konzert in der Berliner Waldbühne am 21.06. kann unter friedlichen Bedingungen bei bestem Wetter durchgeführt werden und wird von über 15 mobilen Kameras mitgeschnitten. Aus dem Material entstand die Tourdokumentation im DVDplus Format unter der Regie von Axel Glittenberg: "Böhse Onkelz -Tour 2000" Leyla Piedayesh, eine junge iranische Redakteurin des Senders MTV begleitet die Onkelz während mehrerer Konzerte auf der Tour 2000. MTV hat sich nach langen Diskussionen dazu entschlossen eine umfangreiche Onkelz-Dokumentation in der Reihe "MTV-MASTERS" auszustrahlen. Leyla führt zahlreiche Interviews und wird vom B.O. Management mit Archivmaterial unterstützt. Die Onkelz planen für den 25.November des Jahres 2000 ihr 20jähriges Jubiläumskonzert in der Frankfurter Festhalle. Zusätzlich soll eine Woche später ein großes Benefizkonzert in der Bremer Stadthalle zu Gunsten der Opfer rechter Gewalt stattfinden. Beide Konzerte müssen abgesagt werden, als sich der Sänger Kevin Russell eine Woche vor den geplanten Veranstaltungen bei einem Autounfall schwer verletzt.

 

Fotosession, Berlin 2000 v.l.n.r. Kevin, Gonzo, Stephan, Pe Foto: Sven Hagolani

 

2001

Mit einer Triple CD in die Top 5? Geht das überhaupt?

Ebenfalls im März veröffentlichen die Böhsen Onkelz auf ihrem Label eine Triple Box Best of, die zum ersten Mal Songs aus der gesamten 20jährigen Karriere der Böhsen Onkelz auf einem Tonträger vereint. Obwohl es sich um eine Triple Box handelt, kann die Veröffentlichung dennoch in den Top Ten auf Platz 3 einsteigen.

 

09.03.2001:

Das große Benefiz Konzert der Onkelz in Bremen

Die Böhsen Onkelz spielen einen großen Gig in Bremen, nicht nur gegen rechts, sondern vielmehr für die Opfer rechter Gewalt.

Die geplanten Konzerte des letzten Jahres werden im März 2001 nachgeholt. Das 20-Jahre Jubiläumskonzert in der Frankfurter Festhalle vor 14.000 Fans am 03.03. wird ebenfalls von 16 mobilen Kameras und 2 Ü-Wagen mitgeschnitten. Am 08.03. stellt sich Stephan in Bremen einer Diskussion über "Hass" unter der Leitung von Prof. Dr. Leifhäuser. Weiterhin nehmen Onkelzfans und Onkelzkritiker, so wie Götz Elbertshagen (Manager von Marius Müller-Westernhagen) und Daniel Wirtz (Sänger der Band Sub 7even) an der Diskussion teil. Die Sendung wird im Offenen Kanal Bremerhaven übertragen und soll auch auf die am darauf folgenden Tage stattfindende Veranstaltung in der Bremer Stadthalle hinweisen. Unter der Schirmherrschaft der Ausländerbeauftragten des Landes Bremen Frau Dr. Dagmar Lill und unter der Mitwirkung des Rock Hard Magazins treten die Böhsen Onkelz zusammen mit Sub 7even, Megaherz, Kreator und Destruction vor 13.000 Fans auf. Die Veranstaltung spielt über 100.000,-- DM ein, die nun an die Opfer rechter Gewalt ausbezahlt werden sollen. Drei Monate später ist die organisatorische Arbeit abgeschlossen und Stephan Weidner fährt mit Edmund Hartsch nach Bremen um mit der Ausländerbeauftragten Frau Dr. Lill über die schlimmsten Fälle rechter Gewalt zu diskutieren und um zu entscheiden, an welche Opfer die Beträge ausbezahlt werden sollen.

 

Der Pressekrieg entflammt von neuem.

Die Berliner Presse will keine Ruhe geben

Ebenfalls im Frühjahr 2001 streben die Anwälte der Onkelz ein Verfahren gegen die Berliner TAZ und die Berliner Statdtzeitung TIP an. Beide Organe hatten die Böhsen Onkelz zuvor zum wiederholten Male als "berüchtigt rechtsradikal" bezeichnet. Die Klagen werden zunächst mit dem Hinweis auf das Recht zur "freien Meinungsäußerung" abgewiesen und sowohl die TAZ, als auch der TIP versäumen es nicht in ihren Ausgaben auf diesen "Sieg" hinzuweisen. Die TAZ erhält daraufhin über 2000 e-mails von empörten Onkelzfans. Der Fall wird von der übrigen Presse maßlos hochgespielt und überall ist zu lesen, daß ein Gericht nun entschieden habe, man dürfe die Onkelz als "berüchtigt rechtsradikal" bezeichnen. Die inzwischen 15 Jahre andauernde Onkelzdiskussion hat sich einmal im Kreis gedreht und steht wieder da, wo sie am Anfang stand.

 

Der MTV Skandal

MTV knickt ein und disqualifiziert sich selbst. Ein Beispiel, wie man es nicht machen sollte.

Im Juli strahlt der Fernsehsender MTV die lang erwartete MTV Masters Dokumentation über die Böhsen Onkelz aus und setzt damit neue Maßstäbe des Opportunismus. Der persischen Redakteurin Leyla Piedayesch entzieht man zwei Tage vor Fertigstellung die komplette Kontrolle über den Beitrag. Das eigens für die Ausstrahlung geführte Interview mit Frau Dr. Lill, der Ausländerbeauftragten des Landes Bremen, wird rausgeschnitten. Stattdessen interviewt man "die Ärzte", den Regisseur eines Skinheadfilms und ein NPD Mitglied. Alle eindeutigen Statements der Onkelz zu ihrer Historie, die man vom Tourmaterial 2000 zusammengeschnitten hat, werden durch die Off-Moderation von MTV als unglaubwürdig hingestellt. Die Redakteurin Leyla Piedayesh weigert sich, den Beitrag mit ihrem Namen abzuzeichnen, weil er in ihren Augen nicht die Wahrheit zeigt und nicht das wiedergibt, was sie in ihrer einjährigen Recherche herausgefunden hat. Die Programmleitung erhält nach der Ausstrahlung eine E-mail-Flut von empörten Onkelzfans, die vom Sender mit einem Standard Antwort-E-mail abgeschmettert werden. Die Böhsen Onkelz und ihr Management veröffentlichen ein Statement zum MTV-Skandal auf ihrer Homepage und stellen die Zusammenarbeit mit dem Sender für alle Zeiten ein. Ebenfalls wurde für dieses MTV Masters der Berliner Journalist und Leiter des Archivs der Jugendkulturen Klaus Farin zum Thema Böhse Onkelz interviewt. Obwohl das 30minütige Interview viele interessante Beiträge enthält, schneidet MTV das komplette Gespräch auf einen Satz zusammen, in dem Klaus Farin etwas zu dem Song "Türken raus" sagt.

 

 

Fotosession, Festhalle Frankfurt, 2001 v.l.n.r. Gonzo, Stephan, Pe, Kevin Foto: Hans Martin Issler

 

2002

Die Skandalsingle und der Gegenschlag der Onkelz

MTV bekommt, wonach der Sender lange gebettelt hat. Ein ganz persönlicher Song: "Keine Amnestie für MTV" Die grossen Handelsketten legen eine wundersame 180-Grad-Wendung hin.

Das Jahr 2002 beginnt gut für die Böhsen Onkelz. Die Texte für das neue Album schreibt Stephan Weidner in Irland, die ersten Einspielungen der neuen Songs entstehen auf Ibiza. In seiner typischen Eigenart greift Stephan Weidner das Thema "MTV - Masters" noch einmal auf und schreibt den Song "Keine Amnestie für MTV", der als Singleauskopplung am 18. Februar 2002 auf rule23 veröffentlicht wird. Nicht nur wird der Text des Liedes bis zum Veröffentlichungstag geheim gehalten, sondern man überlegt sich für diesen Tag auch eine begleitende Aktion. Ohne die großen TV-Medien oder die Tagespresse davon zu informieren, fährt Stephan Weidner in Begleitung des Bandmanagements und ca.70-80 Onkelzfans in die Fußgängerzone vor dem Münchener Rathaus vor und lädt einen 40t Sandkipper mit 150 schrottreifen Fernsehern ab. Eine Aktion, die auf die "Verblödung" durch das deutsche Fernsehen aufmerksam machen soll. Der Musiksender MTV berichtet am gleichen Tag über diese Aktion und spielt sie als lächerlichen und albernen Kinderstreich herunter. Eine Woche später steigt die Single auf Platz 2 in die Top 100 Single Media Control Charts ein. Große Ladenketten wie WOM beginnen nun die Böhsen Onkelz in ihr Programm aufzunehmen und handeln somit entgegen ihren noch vor kurzer Zeit verkündeten "Onkelz? -Bei-uns-niemals"-Strategien. Daß die Onkelz nun auch für große Handelsketten ein nicht mehr zu ignorierender Wirtschaftsfaktor geworden sind, läßt sich nicht mehr leugnen. Der "Stachel" der angeblich niemanden mehr juckt, scheint den Musiksender MTV eben doch zu jucken. Dort versucht man witzig zu sein und läßt mehrmals pro Tag ein zusammengeschnittenes Backstreetboys- und N-Sync-video zum MTV-Song der Onkelz laufen, was zur Folge hat, daß der Song, der inzwischen auf die Position 8 gerutscht ist, eine Woche später wieder auf die 4 steigt. Um zu demonstrieren, daß sie unberechenbar auch für ihre Fans bleiben wollen und nie die Lust am experimentieren verlieren, veröffentlichen die Böhsen Onkelz auf ihrer Single auch zwei Coverversionen. "Coz I luv you" von den englischen Glamrockern "Slade" aus den siebziger Jahren, verdeutlicht, daß die Onkelz auch vor einem englischen Song nicht zurückschrecken. Um noch einen draufzusetzen, wagen sie sich ebenfalls an eine Interpretation des Skandalsongs der sechziger Jahre von Serge Gainsbourgh - "Je t `aime, moi non plus". Wider Erwarten regen sich die Onkelzfans darüber aber keineswegs auf, sondern nehmen die beiden Songs so auf, wie man sie auch gedacht hatte, als einen großen Spaß.

 

Das Album "Dopamin"...

...erscheint am 15.04.2002 auf rule23 und steigt eine Woche später von null auf Platz E.I.N.S. in die Media Control Top 100 Albumcharts ein. Ausgebrütet auf Ibiza, geschrieben in Irland und gemixt in Frankfurt und in den legendären Londoner Abbey Road Studios, legen die Böhsen Onkelz mit ihrem 15ten Studioalbum ein ungewohnt positives und sonniges Werk vor. Außer Titelstories in den großen Rock Magazinen "Metal Hammer" und "Rock Hard"arbeiten die Böhsen Onkelz nicht mit der Presse zusammen. Man geht sogar noch einen Schritt weiter und verweigert den Journalisten und Fotografen der Tagespresse die Akkreditierungen zu den Konzerten der anstehenden Tour. Ab dem 19.Mai gehen die Böhsen Onkelz mit "Dopamin" auf eine ausgedehnte sechswöchige Deutschland Tournee. Die 28 Konzerte sind über 90% ausgelastet und erreichen eine Zuschauerrekordzahl von mehr als 200.000 Fans.

 

Metal Hammer Mai 2002

Thorsten Zahn befragt Stephan Weidner

Also hast Du die Schnauze voll, Dich immer wieder erklären zu müssen? Ja, es ist vor allen Dingen frustrierend, in der Öffentlichkeit als Fascho hingestellt zu werden. Ich fühle mich nicht als Faschist, fühlte mich auch nie als ein solcher. Aber, und den Schuh muss ich mir anziehen, ich habe Dinge gesagt und getan, die darauf hindeuten. Daran gibt es nichts zu beschönigen. Aber muss ich mich als 38-jähriger denn immer noch für etwas rechtfertigen, das ich als 16-jähriger tat? Dazu ist mir meine Zeit zu schade. Die verbringe ich lieber mit meiner Familie oder mache Musik. Glücklicherweise sind nicht alle so verbohrt. Wir bekommen auch positives Feedback, so dass ich auf den Rest getrost verzichten kann. Welche Erfahrungen hättest Du am liebsten nie gemacht? Schwierige Frage. Ich hätte darauf verzichten können, als Nazi hingestellt zu werden.

 

15.11.2002 Batschkapp/ Frankfurt...

Die Anti-Nazi-Koordination, der StadtschülerInnen-Rat und das kath. Stadtjugendamt hatten geladen und alle kamen, die sich auch sonst nur widerstrebend eine Gelegenheit entgehen lassen, ihre Integrität offen zur Schau zu stellen. Neben vielen anderen eine handvoll leicht ergrauter Startbahn-West-Veteranen, der übermotivierte AntiFa-Jung-Funktionär und zwei Pädagogen, die sich entweder vor ihren Schützlingen profilieren wollten, oder schlicht und einfach den falschen Job haben – wahrscheinlich beides. Und – natürlich - die Onkelzfans waren da. Der besondere Clou, mit dem die Veranstalter aufwarteten, war der, dass zwar über, aber leider auch ohne die Onkelz diskutiert wurde. So wurde kurzerhand Klaus Farin, Autor vom „Buch der Erinnerungen“ und Leiter des Berliner „Archiv für Jugendkulturen“, der von seiner Profession her eigentlich eine neutrale Position repräsentieren würde, als Onkelz-Vertreter auf dem Podium platziert, dazu einen Moderator, der sich keine große Mühe gibt, seine Anti-Onkelz-Attitüde zu verbergen. Sehr gute Vorraussetzungen für eine faire Diskussion. Es war also angerichtet. Same shit – different day. Auf ein Neues, Walter! Wäre es nicht so traurig, dass Don Walchotte auf seinem Kreuzzug gegen die Onkelz- Windmühlen ganz offensichtlich auf einige Sancho Pansas trifft, hätte seine surrealistisch anmutende, so gänzlich „unfunky“ Performance ein Lehrbeispiel für großes Kabarett abgegeben. Grandiose Selbstkarikatur, umwerfender Zynismus, theatralische Mimik und Gestik, dazu ein spaßiger Sarkasmus. Aber – und hier setzt die ganze Tragik des Abends ein – Klaus Walter ist kein lustiger Handlungsreisender in Sachen Aufklärung über die bösen Nazis. Er ist kein Fachmann für Jugendkulturen, er ist kein IG-Metall-Funktionär, der sich gegen Rechts engagiert, nein, Klaus Walter ist ein journalistisches Perpetuum mobile gegen die Onkelz. In seinem Paralleluniversum der perfiden Kontext-Symbolik, nicht vorgesehener individueller Persönlichkeits-Entwicklung, Selbstgerechtigkeit und Geißelung des „Linken Establishment“, sitzt er und sucht nach immer neuen Möglichkeiten, vor den Onkelz zu warnen, nicht auf sie hereinzufallen. Zum mittlerweile wohl achtundneunzigsten Mal empört er sich über die Verschlagenheit der Onkelz – nein, vordergründig sind sie keine Nazis mehr, da muss man schon ein wenig tiefer graben. Ganz besonders angetan hat es ihm die – im entsprechenden Kontext – offensichtliche schwarz-rot-goldene Farbgestaltung des „Heilige Lieder“-Covers. Wie er angesichts eines gelb-blau-weiß-rot-schwarzen Bildes auf die faschistische Farb-Perfidität der Band schließt, ist sein Geheimnis – was zählt ist die Schlussfolgerung, die er daraus zieht und die sagt: An der eigentlichen Gesinnung der Onkelz hat sich gar nichts geändert. Sehr schön! Ließe sich aus den drei Adidas-Streifen – im entsprechenden Kontext selbstverständlich – nicht ein prima Hakenkreuz formen? Man kam sich schon vor wie ein „unverbildeter Prollhool“, der sich in den letzten Jahren übel an der Nase herumführen ließ, als man Walters Ausführungen über die unterschwellige Botschaft lauschte, die doch in fast allen Songs – mal deutlicher, mal weniger – lauert. Dezent zusammen gekürzt lautet die Quintessenz des 22 Jahre währenden Onkelz-Schaffens – wie konnte es bisher nur unbeachtet bleiben?: Die Böhsen Onkelz sind die – Achtung, anschnallen- männerbündelnde, frauenfeindliche Verkörperung des Soldatischen inkl. einer latenten Vergewaltigungsphantasie. Richtig, jetzt wo er’s sagt. Und es fällt einem doch wie Schuppen von den Augen, angesichts solch offenkundig revanchistischer Zeilen wie „Willkommen im Reich der Onkelz“, die den Besucher auf der www.onkelz.de empfängt. Das korrespondiert doch tatsächlich deutlich mit den Hitlerschen Allmachtsansprüchen. Aber der Kontext, der Kontext... Echte Sportpalast-Stimmung kam auf, als sich zwei „Erleuchtete“ mit sich zum Ende ihrer Rede überschlagender Stimme über die Onkelz echauffierten, die Wölfe im Schafspelz, die wie alle Nazis vor ihnen schon immer unterschätzt wurden, bis es dann zu spät war. Schade, dass das Mikro nicht noch anfing, mit atmosphärischem Rauschen aufzuwarten... Gut, dass es solche zuverlässigen Warner gibt. Spaß beiseite, zurück zum Ernst der Dinge! Wie es um Walters Denkstruktur bestellt ist, wird besonders anhand seiner Affinität für die „Heilige Lieder“ deutlich, die er nicht müde wird, zu geißeln. Wie gesagt: Schwarz-rot-gold.... (Hat jemand bei einem Nazi-Aufmarsch schon mal schwarz-rot-goldene Fahnen gesehen?) Warum er die „Wir ham´noch lange nicht genug“ nicht dabei hatte, wo man das Argument durchaus hätte gelten lassen können, bleibt sein Geheimnis. Zu offensichtlich geht ja auch nicht, sonst griffe ja wieder der „Biedermann und die Brandstifter“ – Effekt. Doppelte Verschleierung, unglaublich! Vielleicht ist es auch die einzige Platte, die er tatsächlich kennt... Gänzlich obskur wird es, als er versucht, den „Hippie-Einfluss“ auf der CD zu erklären. „Hobby-Philosoph“ Carlos Castaneda, US-Anthropologe mit süd-amerikanischen Wurzeln, wird im Booklet als Inspirationsquelle genannt.... Wie das? Totale Konfusion... Könnte man das auch – im entsprechenden Kontext selbstverständlich – als cosmopolitischen, also anti-nationalistischen Einfluss sehen? Nein, so einfach darf man es den Wölfen im Schafspelz auch nicht machen. Dass Castaneda, laut Walter der Michael Ende der Hippies, also der ehemaligen „Klassenfeinde“, vereinnahmt werde, deute doch noch zusätzlich auf die eigenartige Geisteshaltung Weidners hin. Soso... Auf alle Argumentations-Kuriositäten und inhaltlichen Fehlschläge des Protagonisten einzugehen, würde bei weitem den gebotenen Rahmen sprengen. Schade drum, dass sowohl Klaus Farin, als auch der dunkelhäutige Rapper Ebony Prince vom Anti-Rassismus-Projekt „Brothers Keepers“ mit ihren wohlgemerkt aus neutraler Warte gesprochenen pro-Onkelz-Statements auf einigermaßen taube Ohren stießen. Sei es drum, der Rest des Abends ist schnell erzählt: Eine halbe Stunde Walter, eine halbe Stunde Farin und danach fruchtlose „Diskussion“. Wie immer bei diesem Thema prallten zwei Welten aufeinander, der eine kann mit dem andern so überhaupt nicht und auf die Onkelz will sich sowieso keiner einen Schritt zubewegen. Nichts wirklich Neues...

Fotosession zum Album "Dopamin" London 2002 v.l.n.r. Gonzo, Stephan, Kevin, Pe Foto: Alwyn Coates

 

 

2003

Das Jahr 2003 wird im Februar mit einer späten „Ehrung“ für DOPAMIN eingeläutet...

Zum zweiten Mal nach 2001 waren die Onkelz wieder mal für den Echo in der Kategorie „Beste Band Rock/Pop national“ – mit Szene-Koryphäen wie „Wonderwall“, den „No Angels“ oder „Bro´Sis“, dazu noch die Hosen. Natürlich war es weniger der Wertschätzung durch die Musikindustrie zu verdanken, als den wieder einmal sehr starken Verkaufszahlen der Onkelz, dass man in den „erlauchten Kreis“ aufgenommen wurde. Dass die Onkelz letztendlich sowieso nicht gewinnen, war jedem von vornherein klar... Da es von den Onkelz mal wieder keinen Clip gab, brach bei der zuständigen Produktionsfirma im Vorfeld der Sendung der Angstschweiss aus. „Was sollen wir denn bei Ihnen machen, ich meine, Sie haben ja keinen Clip...“ . Am Ende wurden dann vier Einzelportraits der Onkelz aneinander gereiht, dazu „Keine Amnestie...“ drüber gelegt und fertig. Nichts Außergewöhnliches und auch ansonsten keine Seitenhiebe von Seiten der Laudatoren oder Moderatoren. Immerhin... Aber wäre es anders gewesen hätte es – ganz ehrlich – auch niemanden interessiert. Elegant totgeschwiegen... Gewonnen haben dann übrigens die Hosen. Von den Onkelz war auf jeden Fall niemand in der Halle.

 

Im Frühjahr 2003 entschließen sich die Böhsen Onkelz dazu eine Clubtour in Deutschland zu spielen...

... Ursprünglich sollten auch Knäste auf dem Programm stehen. Die Band hielt es für eine gute Idee, einmal Konzerte für die Insassen von Strafvollzugsanstalten zu geben. Zunächst gab es einige Zusagen, die dann aber leider komplett abgesagt wurden, da Gefängnisleitungen und Stadträte Bedenken anmeldeten. Eine nette Sache, so sagte man den Onkelz, aber man könne sich keine Ausschreitungen innerhalb der Anstalten leisten. Enttäuscht wurden die Gigs gestrichen und weiter an dem Plan festgehalten, eine Clubtour zu organisieren. Gründe hierfür waren zum einen der Wunsch, einmal wieder in einem kleinen Club zu spielen, den direkteren Kontakt zu den Fans zu spüren und echtes, schwitzendes, enges Rock´n´Roll Feeling aufkommen zu lassen und zum anderen, sollten diese Clubgigs auch eine Art Aufwärmtraining für die kommenden Open Air Festivals werden. Die Clubtour im Juli 2003 durch Bremen (Aladin – 1800 Leute), Hannover (Capitol – 1800), Osnabrück (Hyde Park – 1500), Berlin (Music Hall – 900), Nürnberg (Hirsch – 800) und nach Pratteln in der Schweiz (Z 7 – 1700). Saunamäßige Temperaturen und höllisches Gedränge sorgten für eine unvergleichliche Stimmung im familären Rahmen, wobei die Fans aus Hannover und Pratteln (Basel) den hochfliegenden Vogel der Euphorie abschossen. Selten wurden die Onkelz von einer so kleinen Fangemeinde so heftig abgefeiert.

 

Vor das Open-Air-Vergnügen hat der liebe Gott die Vorband-Akquise gesetzt....

Bei „normalen“ Bands eine Frage von wenigen Wochen, die Nachwuchshoffnungen stehen Schlange, aber bei den Onkelz war das Ganze leider wie in der Vergangenheit wieder eine „Unendliche Geschichte“. Rund 20 Bands wurden vom BOM angefragt, immerhin mit der Aussicht auf 4 Konzerte mit zusammen rund 75.000 Zuschauern. Von einigen Gruppen kam gar keine Antwort, andere sagten erst zu, um wenige Stunden später mit dubiosen Begründungen wieder zurückzutreten. Man konnte hinter jeder Absage förmlich den Druck spüren, der teilweise von Seiten des Managements und des Umfelds auf die Musiker ausgeübt wurde. Man könnte sich mit einer Zusage ja alles versauen. So zog sich die Suche von Herbst 2002 bis in den Frühling 2003, bis dann schließlich drei Bands feststanden, die anfangs überhaupt niemand auf der Rechnung hatte, die aber sofort Feuer und Flamme waren, als wir ihnen anboten, bei den Open-Airs dabei zu sein. Das spricht für sich und auch die Reaktion der Fans auf den 4 Gigs zeigte, dass Pro-Pain, Sub7even und Biohazard keinesfalls nur „Lückenbüßer“ waren.

 

Ebenfalls im Juli spielen die Onkelz erneut in „Ferropolis“ und erstmalig auf dem berühmten Loreley-Felsen jeweils eine Doppelshow...

Ebenfalls im Juli spielen die Onkelz erneut in „Ferropolis“ und erstmalig auf dem berühmten Loreley-Felsen jeweils eine Doppelshow... „Ferropolis“ (die Stadt aus Eisen) ist der Name der abgefahrensten Konzertlocations in Deutschland. Unweit von Dessau und eine gute Stunde von Leipzig liegt das verschlafene Nest Gräfenhainichen. Dort befand sich noch vor 15 Jahren ein gewaltiger Braunkohletagebau. Mit dem Fall der DDR, fiel auch das lokale Braunkohlekombinat und übrig blieben nur die gewaltigen Bagger, die nun in einem Kreis aufgestellt, eine beeindruckende, postnukleare Mad-Max Konzert Venue bilden. Die Onkelz rockten hier bereits 2001 mit Rose Tattoo und auch in diesem Jahr war das Haus voll. 25.000 Fans am ersten und knapp 21.000 am zweiten Tag. Diesmal waren Sub 7even aus Dortmund, Pro Pain aus Brooklyn und Biohazard, ebenfalls aus Brooklyn mit dabei. Mit Sub 7even pflegt man ja bereits seit dem Benefizgig für die Opfer rechter Gewalt 2001 in Bremen und seit der Tour 2002 ein sehr lockeres freundschaftliches Verhältnis und Pro Pain konnte man bereits für das Open Air in Dieztenbach 1996 und die Viva los Tioz Tour 1998 verpflichten. Neu waren Biohazard, die genauso wie Pro Pain den New Yorker Hardcore Stil pflegen und dementsprechend losgeknüppelt haben. Auf alle Fälle bringen die Jungs eine Energie auf die Bühne, wie man sie nur bei wenig Bands sehen kann. Die Amis sind reise- und tourerfahren, hatten Auftritte bei „Rock in Rio“ und haben die größten Festivals der Welt gespielt und waren sich dennoch einer Meinung, so etwas wie die Onkelzfans haben sie noch nie gesehen. Nirgendwo auf der Welt, bei keiner Band, mit der sie zusammengespielt haben, gab es einen solchen besessenen und loyalen Fansupport, wie bei den Onkelz. Das wiederum hören die Onkelz gerne und gehen dementsprechend gut gelaunt auf die Bühne. Beide Ferropolis Konzerte verlaufen friedlich und ohne Zwischenfälle. Beschwerden über die „Abzockerei“ auf den Park- und Zeltplätzen werden jedoch laut und man kann nur hoffen, dass die Gemeinde Gräfenhainichen dieses Geld endlich in eine bessere Zufahrtsstraße investiert. Eine Woche später am 18./19. Juli absolvierten die Onkelz ihre Loreley Premiere und es hätte kein passenderer Rahmen sein können. 35°C und blauer Himmel, dazu hunderte Wohnmobile und Zelte, die die umliegenden Wiesen und Felder belagerten. Und das schon 5 Tage vor den Konzerten. 15.000 Fans je Show am Freitag und am Samstag unterstützten die Onkelz aus vollem Halse. 2,5 Stunden Onkelzpower, angeheitzt durch Sub 7even, Pro Pain und Biohazard. Eine fette Party in nettem Ambiente, wobei sich auch Vorbands, Support und Onkelz näher kamen. Pro Pain spielten hier zum ersten Mal ihre Version vom Onkelzhit „Terpentin“ was Stephan dazu veranlasste, spontan mit einem Micro auf die Bühne zu springen und beim Singen auszuhelfen. Gefeiert wurde bis in die frühen Morgenstunden und die Loreley konnte als gelungenes Trainingskonzert für den anstehenden Rolling Stones Support verbucht werden. „Ihr seid besser als die Rolling Stones“, gesungen von den 15.000 anwesenden Onkelzfans ließ auf alle Fälle einiges für den 08.08.2003 erwarten.

Im Frühsommer 2003 gab es eine Anfrage von der „Deutschen Entertainment AG“ an das B.O. Management....

... ob man sich vorstellen könne, dass die Böhsen Onkelz die Rolling Stones während ihres letzten Gigs auf ihrer Deutschland Tournee in Hannover am 08. August supporten würden. Auch wenn diese Anfrage ziemlich überraschend kam, brauchten die Onkelz nicht lange über ihre Antwort nachzudenken. Wenn die Rahmenbedingungen stimmten, würde man sicherlich die Stones supporten. Stephan sagte einmal Mitte der neunziger, dass „Metallica“ die einzige Band der Welt sei, die er mit den Onkelz noch supporten würde. Damals hatte allerdings niemand daran gedacht, dass es jemals eine Anfrage der Rolling Stones geben könnte. In den darauf folgenden Interviews, sagte Stephan, dass er zwar nie ein großer Rolling Stones Fan gewesen sei, aber dass auch er schon zu „Angie“ in seiner Jugend Blues getanzt habe und dass er die Rolling Stones für die letzte große noch lebende Rock Band halte und man hier bei den Onkelz natürlich großen Respekt vor der Lebensleistung der Stones habe. Auch würde es sicherlich keinen Musiker geben, der sich eine solche Gelegenheit entgehen lassen würde und infolgedessen würde man die Stones auf alle Fälle in Hannover supporten. Allen Beteiligten im Onkelz Lager war jedoch sofort klar, dass es ein gefundenes Fressen für die Medien sein würde, sobald die Neuigkeit veröffentlicht werden würde. Auf Seiten der „Deutschen Entertainment AG“ und des Stones Managements wurde das „Onkelzproblem“ zunächst unterschätzt. So war es für die Onkelz auch nicht verwunderlich, als erst die englische, dann die amerikanische und kurz darauf auch die deutsche Presse loslegte. „German Nazi-Punkband to open for the Rolling Stones“ schrieb die New York Post am 2. Juni. Der Daily Mirror, CNN, die bbc und andere äußerten sich in ähnlicher Weise. So veröffentlichte zum Beispiel der „Jewish Telegraph“ in grotesker Übertreibung und totaler Fehleinschätzung der Fakten am 20. Juni einen Leserbrief: „... Evil Uncles have a following of an estimated 12 million in the nine-year-old upwards age group.“ Ein großer Aufschrei des Entsetzens und der Empörung ging von England aus über den Atlantik nach New York, danach zurück nach London und schließlich nach Deutschland und dort von den einschlägigen Presseagenturen bis in die Redaktionsräume auch der letzten, unwichtigsten und kleinsten deutschen Tageszeitungen. Kein Blatt, das sich nicht an der Skandalstory beteiligen wollte. Man muß wissen, dass die Rolling Stones in einer Position sind, in der sie ganz sicher nicht ihre Vorbands selber buchen, oder sich um die Auswahl dieser Bands kümmern. So war in diesem Falle die Deutsche Entertainment AG, als deutscher Veranstalter und Promoter der Stones Tournee dafür verantwortlich, als er auf die Böhsen Onkelz zuging. Die Stones pflegen die Tradition auf einem ihrer letzten Gigs in einem Land, einen lokalen, größeren Act zu buchen. Auch Peter Maffay oder die Toten Hosen haben schon in der Vergangenheit die Stones supportet. Der laute Medienaufschrei, als man die Onkelz verpflichtete, rief also auch schnell das Rolling Stones Management auf den Plan, das sich in der Historie der Onkelz bis dahin noch nicht auskannte. Schnell versuchten nun die Medien, sowohl in England, als auch in Deutschland, Druck auf die Stones auszuüben, indem sie bereits die Entscheidung der Stones in ihren Schlagzeilen vorwegnahmen: „Jagger not amused“ oder „Stones machen Böhse Onkelz salonfähig“ oder „Konzert ohne Böhse Onkelz“ oder „Rolling Stones wollen Onkelz aus dem Programm kicken“ und all das, bevor sich das Rolling Stones Management überhaupt geäußert hatte. Dort ging man mit dem ganzen Thema extrem entspannt um und Telefonkonferenzen zwischen den Managements beider Bands, der gemeinsamen Plattenfirma Virgin Records und dem deutschen Promoterbüro der „Deutschen Entertainment AG“ bestätigten, dass man an den Onkelz, nach eingängier Überprüfung der Fakten, festhalten würde. Auf einer Pressekonferenz anlässlich des Tourneestartes der Rolling Stones in München, sagte Mick Jagger schließlich vor rund 200 internationalen Journalisten, dass sie sich mit dem Thema befasst hätten und zu der Übereinkunft gekommen seien, dass die Böhsen Onkelz eine gute Band seien und man weiterhin zu ihnen als Support Act in Hannover stehen würde. Damit war das Thema für beide Bands zunächst einmal erledigt. Der NDR und auch T-Mobile, als Sponsoren der Veranstaltung in Hannover, kündigten ihre Verträge aus Angst vor einem Imageschaden und die Büros der „Deutschen Entertainment AG“ wurde mit Beschwerdemails von empörten Stonesfans bombadiert. Es fanden sich andere Sponsoren und die Stonesfans beruhigten sich ebenfalls schnell. Alles in allem wurde – wieder einmal – ein großer Wirbel um nichts, ein grenzenlos übertriebener Hype für eine Veranstaltung kreiert, die absolut friedlich verlief. Nichts von dem, was man im Vorfeld befürchtete trat ein. Es gab schlicht und einfach keine Gewalt und auch keine Probleme, Ausschreitungen etc. Eine große Party bei 36°C und unter blauem Himmel.

 

November 2003:

Goodbye Virgin - Hello SPV

Die Buschtrommeln waren schon seit dem Spätsommer zu hören und die Spatzen pfiffen es von den Dächern. „Die Onkelz werden Virgin Records verlassen“...

Die Buschtrommeln waren schon seit dem Spätsommer zu hören und die Spatzen pfiffen es von den Dächern. „Die Onkelz werden Virgin Records verlassen“. 8 Jahre lang dauerte die Freundschaft zwischen Virgin Records und den Onkelz. Insbesondere Virgin Chef Udo Lange, der damals 1995 den mutigen Schritt unternahm, die Onkelz unter Vertrag zu nehmen, hatte sich in den letzten 8 Jahren bei jeder Gelegenheit für die Onkelz stark gemacht. Oft musste er sich in den ersten Jahren für seine Entscheidung rechtfertigen und hatte somit viel Aufklärungsarbeit in Sachen Onkelz zu leisten. Das erfolgreiche Kapitel Onkelz-Virgin ging allerdings dem Ende entgegen, als der Virginvertrieb im Jahre 2002 endgültig von der E.M.I.-Gruppe eingestellt wurde. Auch die Tatsache, dass Udo Lange zum Deutschlandchef der E.M.I. ernannt wurde, konnte nicht recht über die Anonymität hinwegtäuschen, die plötzlich das Verhältnis zwischen Künstler und Plattenfirma trübte. Wie es bei den Onkelz aber in der Vergangenheit schon viele male der Fall war, kam auch diesmal der richtige Geschäftspartner zur richtigen Zeit daher. Die hannoveranische Independentfirma SPV bemühte sich um die Onkelz und sollte ab dem 1.11.2003 den Vertrieb der Onkelzscheiben üebernehmen. Dass Udo Lange seinen Job als Chef der E.M.I. ebenfalls zu diesem Datum kündigte, machte den Onkelz die Entscheidung nur noch leichter. Bei SPV einem gut organisierten und durchstrukturierten Vertrieb auf europäischer Ebenen, einem an keinen Industriekonzern gebundenen, unabhängigen Label, unterzeichneten die Onkelz zunächst für eine Veröffentlichung. Es ist aber zu vermuten, dass sich das Verhältnis zwischen den Onkelz und SPV gut entwickeln und sich die Band bei diesem Indi-Label wohl fühlen wird.

 

B.O. rule23-studio Foto: Andreas Schlegel Mai 2003

 

2004

Zum Abschied der Onkelz aus dem Newsarchiv von www.onkelz.de



24.05.2004 

Adíos 

2 Fakten! Fakt zwei: Das neue und letzte Studio-Album der Onkelz wird den inhaltsschweren Titel „Adios“ tragen. 

Ja, ihr habt richtig gelesen. Das LETZTE Studio-Album. Der Titel resultiert nämlich direkt aus Fakt eins: Die Onkelz nehmen ihren Hut. Natürlich ist das auf den ersten Blick ein Schock für euch und nicht zuletzt auch für die Onkelz selbst, die sich diese Entscheidung alles andere als leicht gemacht haben. Aber – seien wir ehrlich zu uns – das ist die logische Konsequenz aus allem. Aus den vergangenen 24 Jahren, aus dem Keller in Hösbach und der ausverkauften Festhalle in Frankfurt. Die Onkelz hatten nie die Ambition, als Rockeremiten mit ergrautem Haar auf dem Rockolymp anzukommen, sondern wenn mit vollem Elan und nicht schon auf dem absteigenden Ast sitzend. Mit dem Maximum an möglicher Fahrt und Rückenwind den Höhepunkt erreichen. Während den ersten Anfängen der Arbeiten an „Adios“ manifestierte sich der Gedanke immer mehr in Vers- und Liedform, dass dieser Zeitpunkt möglicherweise genau jetzt gekommen sein könnte. Eine ausverkaufte Tour – größer als je zuvor –im kommenden Herbst, das Album wäre schon das vierte in Folge, das auf der 1 landen würde. Was soll noch kommen? Größer geht’s nicht und möglicherweise auch nicht besser. Bevor das „möglicherweise“ von der entscheidenden Instanz – nämlich euch – in den nächsten Jahren durch ein „natürlich“ ersetzt werden kann, reichen wir hiermit selbst unseren Rücktritt ein. 

Im Moment läuft die Onkelz-Maschinerie noch auf vollen Touren und wir sind der Überzeugung, dass wir alle Trademarks der Onkelz zu 100% vertreten und leben. Natürlich könnten wir noch 10 Jahre den gleichen Stiefel runter spielen, den Rahm unserer Arbeit abschöpfen und vielleicht würdet ihr den Unterschied auch nicht merken. Aber das Onkelz-Ding basierte schon immer auf dem Prinzip der konsequenten Ehrlichkeit und der ehrlichen Konsequenz. Das sind wir uns und damit letztendlich auch euch schuldig. Die Zeit ist da, wo es heisst, die ultimative Konsequenz zu ziehen: 



Wir hören auf! 


Wir tun dies nicht aus Resignation oder im Streit, aber aus der Überzeugung heraus, dass jetzt jedes Onkelz Lied gesungen ist. 


Diese Meldung wird die Mehrzahl von euch vermutlich zunächst schocken, aber mit der Zeit werdet ihr erkennen, was wir hier eigentlich vollzogen haben: 


Den letzten und endgültigen Arschtritt für alle, die uns in den vergangenen 24 Jahren das Leben schwer machen wollten. 


Demnächst werdet ihr dazu nochmal ein paar Takte von uns persönlich zu hören bekommen. 



Adíos! 



Die Onkelz 

25.05.2004 

Goodbye Onkelz, hello Rest meines Lebens 

Punkt 1: 
Es gibt kein großes Kunstwerk ohne Tragödien. 

Wir kündigen und ich entlasse mich! Nicht fristlos und nicht mit sofortiger Wirkung, aber wir läuten das Ende ein. Keine leichte Entscheidung. Nein, die schwerste meines Lebens. Eine, die verdammt weh tut. Eine, die mir mehr als eine Träne abgerungen hat. Etwas woran man sein ganzes Leben gearbeitet hat, beendet man nicht einfach so. Trotzdem sah ich unser Ende mit eindrucksvoller Klarheit auf mich zu kommen. Nach eine endlosen Folge von Tourneen, Hotelzimmern und Aufnahmestudios wird es Zeit für uns, die Stühle hoch zu stellen und den Laden dicht zu machen. Warum, werdet ihr euch fragen? Nun ja, nach dem Stones Konzert im letzten Jahr musste ich mich fragen: „Was soll danach noch kommen?“ Während der Arbeit an "Adios" stellte ich mir von Lied zu Lied die Frage, können wir das toppen? Können wir da noch einen drauf setzen? Ich glaube, in dieser Konstellation wird es verdammt schwer. Nein, um ehrlich zu sein, ich glaube das wir in dieser Konstellation den Höhepunkt unseres Schaffens erreicht haben und Wiederholungen sind Scheiße. Mit diesem Bewusstsein weiter zu machen, hieße für mich nur noch den "Rahm" abzuschöpfen und unsere Musik zu einer Ware verkommen zu lassen. Und gut verdrängt heißt für mich nicht halb gewonnen. Ich kann nur machen, was ich fühle und dies ist meine Art, die Dinge zu sehen. Dies ist mein Weg. Ich stehe vor dem Sprung ins kalte Wasser, ich betrete unbekanntes Terrain. Ich weiss, ich werde eine tiefe Leere spüren. Die Lücke, die die Onkelz hinterlassen werden, ist schwer zu füllen. Aber irgendwann muss Schluss sein mit der Abhängigkeit von anderen, und deren Abhängigkeit von mir. Ich versuche nach vorne zu sehen. 



Punkt 2. 
Mo|ral|phi|lo|so|phie. 

Jeder Künstler hat ein persönliches Interesse am eigenen Erfolg. Das ist legitim, wie ich finde. Hat man es einmal geschafft, hält man normalerweise am besten einfach durch, bis alles geregelt und in trockenen Tüchern ist. Weniger wahrscheinlich ist es, dass man den eigenen schrittweisen Niedergang bemerkt. Ich hatte niemals Lust auf die Rolle des Goldesels reduziert zu werden, der meine und die Infrastruktur anderer finanziert. Bei den Onkelz ging es immer um mehr. Um viel mehr. Wer über mehr als zwei Dekaden dermaßen hochtrabende Moralphilosphie wie wir verfasst, der muss sich täglich selbst hinterfragen, ob er seinen eigenen Ansprüchen gerecht wird. Das tue ich und ich hoffe, die Jungs machen das auch. Die Onkelz, und das war uns schon immer bewusst, haben ein begrenztes Haltbarkeitsdatum. Nicht unsere Musik, sondern im besonderen unsere Inhalte – das, wofür wir seit 24 Jahre stehen. Wir haben mehr als einmal betont, nicht im Onkelzkostüm sterben zu wollen. Dafür gab und gibt es gute Gründe. Zu viele Reunions alter Helden, zu viele Bands, die uns weit über ihren Zenith hinaus mit überflüssigen Platten und peinlichen Konzerten penetrieren. Bands, die ihre Rebellion an der Garderobe der Industrie abgegeben haben, oder verzweifelt ums eigene Überleben kämpfen müssen. Nicht mit mir und der Gedanke so enden zu können, drängte zu penetrant in meine Welt. Wer so konsequent konsequent war, muss es auch bei einer so schweren Entscheidung sein. 


Noch fühlen wir den puren, ehrlichen Zorn, der uns immer angetrieben hat und lange bevor jemand auf die Idee kommen könnte uns nahe zu legen aufzuhören, teilen wir euch mit: 

Dies ist unser letztes Studio Album und unsere letzte Tournee. Das ist unumstößlich. 

Darüber hinaus würden wir uns freuen, 2005 zu unserem 25-jährigen Jubiläum ein Abschiedskonzert geben zu können. Ein Vierteljahrhundert Onkelz, das wäre eine amtliche Hausnummer. 

Der Rest verschwindet sowieso in Emotionsnebel und Erschöpfung. Danke Euch allen. 



Stephan 


27.05.2004 

Adíos von Pe 

Liebe Trauernde, 



das ist natürlich ein Schock für Euch, eine Tatsache, die wir Onkelz, schon ein paar Wochen länger wissen als Ihr und deshalb mehr oder minder schon einigermaßen verdaut haben. Nichts desto Trotz kommt im nächsten Jahr eine 

einschneidende Veränderung auf jeden von uns zu und wie diese aussieht, wird sich erst noch zeigen, deshalb gibt es auch für uns Ungewissheit und damit ein paar Bedenken, vom schweren, schmerzlichen Verlust dieser monumenta- len, spirituellen Institution und der kosmisch auferlegten Bruderschaft, einmal abgesehen; Veränderungen sind aber das natürlichste der Welt und deshalb ist es besser, den Blick nach vorne zu richten. Eins ist sicher, eine Band wie die Onkelz wird es nicht mehr geben und Stephan hat recht, es ist gut, uns in bester onkeliger Erinnerung zu behalten und nicht als alte dahinsiechende Opas, das würde unseren verkörperten Spirit nachhaltig verwässern und der Legende Onkelz nicht gerecht werden. Ihr müsst den Geist jetzt alleine weiter in Euch tragen 

auch wenn Ihr dabei nur auf die Musik und die Texte hören müsst, die als Vermächtnis von uns an Euch geblieben sind. Zwar wird es keine neuen Studio-Onkelz-Scheiben mehr geben, aber ich denke, dass Ihr bestimmt von dem einen oder anderen von uns noch etwas zu sehen oder zu hören bekommt. Und das beste ist doch, dass alles eins ist, eigentlich waren wir nie weg und werden nie weg sein, weil auf einer gewissen Ebene nichts verschwindet und es dort keine Zeit gibt. Wir alle sind ein und dasselbe Ding. Wir umarmen Euch endlos auf jener Ebene und in dieser bis zum Schluss. Und jetzt lasst uns den Schluss noch mal feiern, dass es qualmt, um allen anderen zu zeigen, wer die geilste Band und die geilsten Fans sind. Wir sehen uns auf den Konzerten! 

Viel Spaß auch mit dem neuen Longplayer und der Single, sie sind wirklich noch mal ein richtiger Knaller geworden. 



Gruß an Alle, 



Pe 

 

 

wir recyceln die Vergangenheit
und das, was übrig bleibt
wird es nur einmal geben
kann uns keiner nehmen

trocknet eure Tränen
lasst uns Abschied nehmen
ein letzter Toast, ein letztes Lied
die Zeit ist ein Dieb

für alle und keinen
wir sind am Ziel und mit uns im reinen
der letzte macht das Licht aus
wir gehen

ihr hättet es wissen müssen
ihr hättet es wissen müssen
Steine auf Herz und Seele
uns schießt der Saft in die Tränenkanäle
ihr hättet es wissen müssen
lasst euch zum Abschied küssen
vom überall ins nirgendwo
Geschichten enden nun mal so

uns kann's nicht immer geben
sehen uns im nächsten Leben
am ende einer Reise
aus unsere eigene weise

seht, das Ende naht
die letzten ihrer Art
die letzten von Format
sagen Gute Nacht

manchmal hat ein Jahr 12 Stunden
ein Tag nur 10 Sekunden
die Zeit ist ein Dieb
sie nimmt sich, was sie kriegt

wir stellen die Stühle hoch
wir sagen gute Nacht
wir stellen die Stühle hoch
es ist vollbracht
es ist vollbracht

WIR NEHMEN UNSEREN HUT
ALLES WIRD GUT
ALLES WIRD GUT
ALLES WIRD GUT

 

 
  Heute waren schon 1 Besucher (1 Hits) hier!  
 
Diese Webseite wurde kostenlos mit Homepage-Baukasten.de erstellt. Willst du auch eine eigene Webseite?
Gratis anmelden